GELD-Magazin, April 2020
BRENNPUNKT . Zentralbanken Corona-Bonds Die Debatte um die Vergemeinschaftli- chung von Schulden trat in den letzten Wochen wieder offen zutage, als Län- der wie Italien, Spanien und Frankreich die Einführung von „Corona-Bonds“ forderten. Die Zinsen für die Gemein- schaftsanleihen, welche ebenfalls von der EZB gekauft werden könnten, wären deutlich geringer als beispielsweise für italienische Staatsanleihen, da auch Länder mit moderaten Schuldenquoten und hoher Wirtschaftskraft voll mit- haften würden. Diese Länder lehnen den Vorschlag aber kategorisch ab, da sie die damit verbundenen Risiken nicht eingehen wollen. Dabei berufen sie sich auf die bestehenden Hilfsinstru- mente. Diese sind jedoch im Gegen- satz zum derzeitigen symmetrischen Schock, der alle Länder trifft und von niemandem verschuldet wurde, für asymmetrische Schocks entworfen, die davon ausgehen, dass systemische Fehler in einzelnen Ländern vorlie- gen. Ein Grund, warum auch die EZB für den Einsatz von Corona-Bonds ist. Wertpapiere aus dem Privatsektor erwor ben werden. Reichte das nicht, stellte Lagar de in Aussicht, werde noch mehr Geld in den Markt gepumpt. PEPP, das betonte man nachträglich in einer Aussendung, geht so gar noch einen Schritt weiter und hebt den üblichen Kapitalschlüssel, nach dem bisher Staatsanleihen proportional zur Wirt schaftsleistung der Länder und maximal bis zu einer Grenze von 33 Prozent eines ein zelnen Staates erworben werden können, kurzfristig auf. Wird es reichen? Die große Frage, die sich derzeit alle stellen, ist, ob das bereitgestellte Paket für eine Kri se solchen Ausmaßes reichen wird! Um es in den Kontext zu setzen: Goldman Sachs rechnet mit einem Wirtschaftsrückgang von neun Prozent und damit mit dem größten ökonomischen Abschwung seit der Grün dung der Eurozone. Eine Gefahr, derer sich die EZB durchaus bewusst ist. Deshalb ver schwendete sie keine Zeit, ihre Anleihenan käufe innerhalb kürzester Zeit auf Rekord werte auszuweiten. Um rund 40 Milliarden Euro steigerte man die Käufe von Vermö genswerten in der letzten Märzwoche – 24 Milliarden für Staatsanleihen, Unterneh mensanleihen, Covered Bonds und Asset Backed Securities im Rahmen des bishe rigen QE-Programms und weitere 15,6 Mil liarden aus dem PEPP, davon 1,5 Milliarden für Geldmarktpapiere von Unternehmen. Italienische Schuldpapiere verzeichneten daraufhin die größten Zuwächse mit Zins reduktionen von bis zu 15 Basispunkten bei zweijährigen Anleihen und auch grie chische Anleihen, die wegen ihres schwa chen Ratings bisher vom QE-Programm aus genommen waren, setzten ihre Rally fort. Trotz der Erfolge werten Skeptiker das Pa ket aber nur als kurzen Zeitgewinn und se hen auf Dauer keinen Weg am derzeit wirk samsten Tool der EZB vorbeiführen – den „Outright Monetary Transactions“ (OMT). Acht Jahre nach Draghis „whatever it takes“-Versprechen scheint es immer wahr scheinlicher, dass das ultimative Anleihe kaufprogramm nun endgültig zum Einsatz kommen könnte. Der Grund: Auch wenn PEPP lockerer in seinen Vorgaben ist, ulti mativ müssen die Ankäufe auch hier pro portional gemäß dem Kapitalschlüssel er folgen. OMT hingegen erlaubt den unlimi tierten Erwerb von Staatsanleihen. OMT versus Corona-Bonds Der breite Zuspruch für OMT kommt nicht von ungefähr, sondern basiert auf einem Streit rund um sogenannte Corona-Bonds, also eine gemeinschaftliche Schuldenauf nahme, die von einigen Ländern im Kampf gegen das Virus gefordert wird. Andere Staaten wie Österreich, Deutschland oder die Niederlande lehnen diese aber katego risch ab und verweisen auf den Europä ischen Rettungsschirm ESM (und dann auf OMT): Eine politische Zwickmühle, denn die stark betroffenen Südländer wollen die se Möglichkeit aufgrund der damit verbun denen Reformauflagen auf keinen Fall in Anspruch nehmen. Sollten sich die Regie rungen nicht einigen, bleibt am Ende wie der nur die EZB, um die Vergemeinschaf tung der Schulden zu kaschieren. „Ich bin für Corona-Bonds!“ LuisdeGuindos,Vizepräsident der Europäischen Zentralbank Die Leitzinsen bleiben niedrig Während die Leitzinsen der EZB bereits seit 2015 bei null verharren, musste die Fed zuletzt die Zinsen wieder rasch senken. Credit: EU2017EE/Aron Urb 2000 2005 2010 2015 2020 0% 3% 2% 1% 4% 5% 6% Europa (EZB) USA (FED) 14 . GELD-MAGAZIN – April 2020
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