GELD-Magazin, März 2020

ZUR PERSON Gabriel Felbermayr wurde im Juni 1976 in Steyr geboren. Nach seinem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Universität Linz ging er nach Florenz, um dort zu promovieren. Von 2010 bis 2019 leitete er das ifo Zentrum für internatio­ nale Wirtschaft an der Universität Mün­ chen. Felbermayr ist seit März 2019 Präsident des Instituts für Welt­ wirtschaft. Gleichzeitig hat er eine Professur für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Univer­ sität zu Kiel inne. könnte sein, dass der Präsidentschafts- Widersacher der Demokraten einen deut­ lichen Pro-Europa-Kurs fährt, wie das etwa bei Sanders der Fall ist. Er bezeichnet den „Skandinavischen Sozialismus“ praktisch als Vorbild. Da würde Trump schnell auf Gegenkurs, also Anti-Europa, steuern. Ich glaube aber nicht, dass ein Handelskonflikt mit Europa zu so einem entscheidenden Wahlkampfthema wird, wie das beim letz­ ten Urnengang China war. Bleiben wir noch ganz kurz in den Vereinigten Staaten: Seit geraumer Zeit wird mit einer Rezession jenseits des Großen Teichs spekuliert, sogar viel- leicht auch schon heuer. Für wie real hal- ten Sie diese Gefahr? Mich verwundert diese Diskussion eigent­ lich. Es fehlt nämlich schlicht und einfach an einem konkreten Anlass für eine Rezession in den USA. Denn eine starke Zinserhöhung ist ebenso wenig in Sicht wie fiskalpolitische Dämpfer. Im Gegenteil: Die Geldpolitik bleibt auf absehbare Zeit expansiv und auch bei den Steuern besteht noch Spielraum. Auslöser für eine Rezession in den Staaten sind also 2020 nicht in Sicht, ebenso nicht im kommenden Jahr. Wechseln wir nun zum medial fast alles beherrschenden Thema: Dem Corona- Virus. Inwiefern kann diese Epidemie die Wirtschaft beschädigen? Klar scheint bisher jedenfalls: Das ohnedies traditionell immer schwächere erste Quar­ tal Chinas wird heuer noch dürftiger ausfallen als in der Vergangenheit, das Corona-Virus wird somit deutliche Spuren hinterlassen. Und das in einem ohnedies nicht einfachen konjunkturellen Umfeld. Wie groß die Wachstumseinbußen ausfallen werden, lässt sich derzeit allerdings noch nicht seriös vorhersagen. Es könnte aber sogar sein, dass die Volksrepublik in diesem ersten Quartal in eine Rezession schlittert – das wäre das erste Mal seit Jahrzehnten! Allerdings muss hinzugefügt werden, dass das Reich der Mitte über viele Möglichkeiten verfügt, um diesem Dämpfer gegenzusteuern – zum Beispiel durch eine stärker expansive Geldpolitik. Angesichts von Corona ist sogar der Klimawandel ein wenig in den Hinter- grund gerückt. Dabei hat man sich hier einiges vorgenommen: Wie realistisch ist die angestrebte Klimaneutralität bis 2050 in Europa bzw. bis 2040 in Österreich? Die Europäische Union hat sehr ambitio­ nierte Klimapläne ausgesprochen, ohne aber die dazu nötigen Instrumente bereitzustellen. Es gibt die Ziele, aber keine richtigen Pfade. Außerdem sehen wir viele Widersprüche: Etwa in Deutschland, wo die Preise für CO 2 - Emissionen steigen sollen, der Zubau in Er­ neuerbare Energien aber zurückgeht. Ähn­ lich in Österreich: Der Autoverkehr etc. soll herunterreduziert werden, es fehlen aber die entsprechenden Investments in Alternative­ nergien. Hinzu kommt prinzipiell: Eine hö­ here CO 2 -Bepreisung belastet die euro­ päische Industrie gegenüber vielen Mitbe­ werbern. Als Ausweg werden Zölle für Pro­ dukte ohne CO 2 -Belastung diskutiert. Womit wir aber wieder beim Thema Handelskon­ flikt angekommen wären... www.ifw-kiel.de März 2020 – GELD-MAGAZIN . 9

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