GELD-Magazin, März 2020

Kampf den Klischees. Früher war alles besser, oder etwa nicht? Immerhin sind doch Burn-out, ADHS, Depressionen in vielfältiger Ausformung usw. relativ neue Phänomene. Da ist ein Schuldiger sehr schnell gefunden: Nämlich das kapitali- stische System, das uns ständig auf Trab hält und uns bis zur Selbstausbeutung kei- ne Pause gönnt. Da muss man doch (psy- chisch) krank werden, so zumindest ein gängiges Klischee. Aber stimmt das über- haupt? Der Soziologe und Psychologe Mar- tin Dornes ist in seinem Buch „Macht der Kapitalismus depressiv?“ dieser Frage auf den Grund gegangen (wobei man Kapita- lismus an dieser Stelle eigentlich besser durch den Begriff des „Modernen Lebens“ oder der freien Marktwirtschaft ersetzen sollte). Dazu hat er zahlreiche Studien zu dem Thema ausgewertet und ist zu einem für viele doch überraschenden Ergebnis ge- kommen: Entgegen der vorherrschenden Meinung sind psychische Erkrankungen in den letzten Jahren nicht im Steigen begrif- fen. Uns kommt es nur so vor, dass Depressionen und andere psychische Er- krankungen auf dem Vormarsch sind, weil sich die Untersuchungsmethoden ver- feinert haben und solche Diagnosen jetzt häufiger ausgestellt werden als in der Ver- gangenheit. Auch ist die gesellschaftliche Akzeptanz gewachsen. Es ist heute keine Schande mehr, zu sagen: Ich leide unter ei- ner exogenen Erschöpfungsdepression (im Volksmund: Burn-out); in den zum Bei- spiel 50er Jahren wäre man dafür noch ziemlich schief angeschaut worden. Aus für Kohle & Co. Der Klimawandel hat nicht zuletzt durch brennend heiße Som- mer und zunehmende Wetterextreme wie Stürme, aber auch Trockenheit einen festen Platz im kollektiven Bewusstsein der Menschen erobert. Rund um den Globus kippt angesichts der drohenden Klimakata- strophe die Stimmung und der Protest vor allem der Millennials gegen eine Politik, die ihre Zukunft zerstört, wird immer lau- ter. Der Zukunftsforscher Jeremy Rifkin geht in vorliegendem Buch dieser Tendenz nach und kommt zu einer radikalen Aussa- ge: Er glaubt, dass „die fossil befeuerte Zi- vilisation um 2028 kollabiert“. Nun kann man natürlich über den genauen Zeitpunkt trefflich streiten, klar ist, dass fossile Brennstoffe wie Erdöl und vor allem Kohle bereits seit einigen Jahren „geächtet“ wer- den. Um das festzustellen, reicht ein Blick in die Portfolios internationaler Fondsge- sellschaften und mächtiger Pensionsfonds, die Unternehmen aus der Kohleindustrie zunehmend von ihrer Anlagestrategie aus- schließen. Der Autor sieht in dieser Kon- stellation eine gute Chance für einen glo- balen „Green New Deal“. Dieser umfasst massive und koordinierte Investitionen in Erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windkraft, aber auch in Energieeffizienz, Forschung und weitere Bewusstseinsbil- dung zum Thema. Interessant ist dabei, dass in den USA der Klimawandel weit mehr beachtet wird, als uns das Trump manchmal glauben lässt. Präsidentschafts- kandidaten wie Sanders, aber auch viele Millennials befürworten einen Green Deal. Schöngeistig und bunt. Warum sollte man sich dem Themenkreis Geld und Er- folg nicht einmal von der literarischen und philosophischen Perspektive annähern? Der Historiker und Soziologe Rainer Zitel- mann tut dies jedenfalls in „Die Kunst des erfolgreichen Lebens“. Das Buch ist so auf- gebaut, dass zu einzelnen Schwerpunkten Aussagen bzw. Gedanken von historischen und zeitgenössischen Persönlichkeiten ge- sammelt und kommentiert werden. Hier- bei reicht das Spektrum von Konfuzius und Buddha über Goethe und Michelangelo bis zu Steve Jobs, Warren Buffett, Jack Ma (Alibaba-Gründer) und dem ehemaligen deutschen Team-Goalkeeper Oliver Kahn. Eine sehr bunte Mischung also. Im Kapitel „Reich werden“ sagt etwa Dichterfürst Goethe: „Ein gesunder Mensch ohne Geld ist halb krank.“ Oder einer, der es ganz ge- nau gewusst haben sollte, nämlich die US- Unternehmerlegende Henry Ford: „Reich wird man nicht durch das, was man ver- dient, sondern durch das, was man nicht ausgibt.“ Und der amerikanische Verleger Steve Forbes meinte: „Probleme mit Geld sind besser als Probleme ohne Geld.“ Autor Zitelmann kommentiert: „Geld macht zwar nicht glücklich, aber man wird besser mit Unglück fertig, wenn man nicht arm ist.“ Alles in allem ist das vorliegende Werk sehr kurzweilig und unterhaltsam zu lesen, wo- bei man einfach von Kapitel zu Kapitel oder Zitat zu Zitat springen kann. Viel- leicht trifft man dabei nicht immer auf die ganz großen Lebensweisheiten, launiger Bonmots wird man aber jedenfalls fündig. Der globale Green New Deal Jeremy Rifkin. Verlag: campus. 319 Seiten. ISBN: 978-3-59351135-1 Macht der Kapitalismus depressiv? Martin Dornes. Verlag: Fischer. 160 Seiten. ISBN: 978-3-596-03659-2 Die Kunst des erfolgreichen Lebens Rainer Zitelmann. Verlag: FBV. 347 Seiten. ISBN: 978-3-95972-244-5 BUCHTIPPS . Neuerscheinungen & Pflichtlektüre Credits: beigestellt 78 . GELD-MAGAZIN – März 2020

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