GELD-Magazin, März 2020
0 Corona: ZitterndeWeltwirtschaft Nachhaltige Investments: Vorsicht, Fallstricke! VOLKSBEGEHREN Kampf dem Klimawandel BRENNPUNKT . Kurzmeldungen „Man muss die hohen Bewertungen nachfragegetriebener Unternehmen genau hinterfragen.“ Tom Demaecker, Fondsmanager bei Degroof Petercam Asset Management Gegen Panikattacken. Die Angst rund um das Corona- Virus sollte nicht den nüch- ternen Blick verstellen: Nach der konjunkturellen Abschwächung 2019 befin- det sich der Wachstums- rhythmus der Weltwirt- schaft in Wirklichkeit in ei- ner Stabilisierungsphase. So die Ansicht von Guy Wagner, Chefanlagestrate- ge von BLI - Banque de Luxembourg Investments. In den USA stieg das reale BIP im Gesamtjahr 2019 annualisiert um 2,3 Prozent, gegenüber 2,9 Prozent im Vorjahr. Von einer Rezession sind die Vereinigten Staaten somit, allen Unkenru- fen zum Trotz, meilenweit entfernt. Erwartungsgemäß ließ die US-Notenbank ihren wichtigsten Leitzinssatz unverändert und bleibt bei ihrer abwartenden Haltung. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank änderte sich ebenfalls nicht; der Einlagenzinssatz bleibt bei minus 0,5 Prozent und das Anleihekauf- programm bei 20 Milliarden Euro pro Monat. In Europa deutet die Stabilisie- rung ökonomischer Aktivitätsindikatoren in der Fertigungsbranche wiederum darauf hin, dass der Abschwung die Talsohle durchschritten hat. Natürlich schwebt Corona über diesen Szenarien: „Die Angst vor einer potenziellen Aus- breitung des Virus belastete die Aktienkurse. Versorgungsunternehmen und Technologiewerte verzeichneten dabei die beste Performance, während der En- ergie- und Rohstoffsektor die Schlusslichter bildeten“, so der Experte. Die Unsi- cherheit hinsichtlich einer eventuell noch viel umfangreicheren Ausbreitung der Epidemie und deren Auswirkungen auf das weltweite Wirtschaftswachstum stützte außerdem die Kurse sogenannter Flucht-Anlagen (vor allem Gold) mas- siv und ließ die Endfälligkeitsrenditen für Staatsanleihen sinken. Überbewertet? Die Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) sind mittlerweile im Management von Portfolios nicht mehr wegzuden- ken. In Europa fließt bereits fast jeder zweite Euro in nachhaltige Investments. Und: Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien bringt Performancevorteile, man sollte dabei aber einige „Fallstricke“ im Auge behal- ten. „So muss hinterfragt werden, ob hohe Bewer- tungen einiger weniger Titel tatsächlich fundamen- tal gerechtfertigt oder nur ein Resultat der hohen Mittelzuflüsse sind“, meint Tom Demaecker von Degroof Petercam Asset Management. Außerdem ähnelt sich häufig auch die Herangehensweise der Asset Manager: Wenn alle den gleichen ESG-Ansatz fahren und im Wesentlichen die gleichen Indika- toren nutzen, um ESG-Risiken und -Chancen einzu- schätzen, steigt automatisch das Interesse an denje- nigen Aktien, die die beste ESG-Bewertung erhalten. Dies führt zu einem Nachfragetrend, der sich immer weiter verstärkt. Als Konsequenz schneiden Aktien, die durch das allgemeine ESG-Raster fallen, automa- tisch schlecht ab. Demaecker: „Das muss jedoch nicht bedeuten, solche Unternehmen komplett vom eigenen Investitions-Radar zu streichen.“ Ebenfalls zu berücksichtigen: Unternehmen, die besonders viele ESG-Daten offen legen, schneiden in den Ra- tings am besten ab. Das führt dazu, dass große Un- ternehmen, die üblicherweise mehr Informationen liefern als kleinere Firmen, die besseren Ratings er- halten. Möglicherweise zu Unrecht. Lebenswerte Zukunft. „Raus aus Kohle und Gas“, das fordert die überparteiliche Initiative „Klimavolksbegehren für mutige Klimapolitik“ in Österreich. Die Klimakrise und ihre Folgen stel- len eine der größten Gefahren der Menschheit dar und sind für jeden Menschen mittlerweile spürbar. Somit sollte Klimapolitik Staatssache werden, ist Katharina Rogenhofer, eine der Ver- fechterinnen des Volksbegehrens, überzeugt. Sie fordert, dass auch ein eigener Klimarechnungs- hof eingerichtet wird, der „der Politik auf die Fin- ger schaut“ und die Reduktion der Industrie- Emissionen überwacht. Damit soll es möglich werden, dass Österreich bis 2040 klimaneutral wird. Diese Maßnahme sei nicht nur die Voraus- setzung für die Gestaltung einer lebenswerteren Zukunft, sondern auch die Schaffung zehntau- sender neuer Arbeitsplätze, geben sich Rogen- hofer und ihr Team überzeugt. Aktuell werde noch „klimaschädigendes Verhalten“ von staatli- cher Seite gefördert; eine Steuer zum Beispiel auf die Dividendenerträge staatsnaher Betriebe in klimasensitiven Branchen wie der OMV könnte beispielsweise energiepolitisch relevant eingesetzt werden. Hinter dem Klimavolksbegeh- ren stehen über 700 Ehrenamtliche und mittler- weile auch zahlreiche NGOs, zivilgesellschaft- liche Initiativen und Prominente. Credits: Aleksej/stock.adobe.com; Gage Skidmore; pixabay 6 . GELD-MAGAZIN – März 2020
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