GELD-Magazin, März 2020
AKTIEN . Österreich D as ist typisch. Bei fallenden Kursen aufgrund einer unsicheren Situa- tion – im aktuellen Fall des Corona- Virus – warten Anleger darauf, die Aktien ihres Interesses am nächsten Tag noch gün- stiger zu bekommen. Der relative Mangel an Kaufaufträgen führt zu Kursrückgängen, die wiederum Verkäufer auf den Plan rufen. Ein Teufelskreis, der im aktuellen Fall erst dann durchbrochen wird, wenn bei der Ausbrei- tung des Virus die ersten Entwarnungen ge- geben werden – und das zeichnet sich der- zeit noch nicht ab. Hinzu kommt an der Bör- se der Effekt, dass Spekulanten in überkauf- ten Märkten – wie wir sie zuletzt sahen – zu- meist geleveragte Depots aufweisen, d.h. auch auf Kredit spekulieren. Bei stärkeren Kursrückgängen rutschen diese Depots rela- tiv rasch ins Minus, was aufgrund der Unter- deckung mit Eigenkapital eine Nachschuss- pflicht auslöst oder andernfalls zu Zwangs- verkäufen führt. Durch diesen hinzukom- menden Effekt wird eine Baisse ab einer ge- wissen Ausprägung verstärkt. Die wirtschaft- lich negativen Folgen werden auch erst nach und nach in den Quartalszahlen sichtbar werden – insbesondere bei allen Unterneh- men, die in China produzieren bzw. deren Lieferketten über China laufen (z.B. FACC, AT&S, Palfinger, Lenzing usw.) – oder auch bei jenen, die in sensiblen Branchen, wie Touristik (z.B. Flughafen Wien, Do&Co) oder u.U. auch stark im Krankenversicherungsbe- reich (z.B. Uniqa), tätig sind. Rohstoff-Un- ternehmen und Versorger werden durch den Preisrückgang beim Rohöl getroffen (OMV, SBO), der den Befürchtungen über negative Auswirkungen auf die Weltwirt-schaft nach unten folgt. Immerhin wird für China heuer bereits ein um 1,5 Prozent schwächeres Wachstum befürchtet, in Deutschland eine Schrumpfung der Industrieproduktion, in Italien eine Rezession und auch in den USA sind negative Auswirkungen spürbar (siehe z.B. Umsatzwarnung bei Apple). Apropos USA: Nach der allmählichen Lösung des Handelskonfliktes mit China wird jetzt be- fürchtet, dass sich Donald Trump nun Euro- pa stärker zur Brust nehmen wird – z.B. ste- hen Zölle auf Autoimporte noch immer auf der Agenda. Auch Krisengewinner kommen vor Nach dieser Liste möglicher negativer Aus- wirkungen muss man aber auch die einzel- nen Gewinner sehen. Bereits in der vergan- genen Ausgabe des GELD-Magazins wiesen wir z.B. auf Semperit hin, die gerade die Medizinsparte verkaufen will. Derzeit steigt – für Semperit glücklicherweise – die Nach- frage nach Gummihandschuhen aufgrund der Corona-Virus-Krise sprunghaft an. Dabei hat Semperit diese Sparte bis auf den Lager- bestand bereits auf null abgewertet. Ein guter Verkauf würde damit eine schlagartige Schuldenreduzierung und eine Erhöhung der Profitabilität bedeuten – und voraus- sichtlich einen Aktienkurs von etwa 20 Euro. Derzeit notiert Semperit bei elf Euro. Risk Off Der Kampf gegen den Corona-Virus hat wirtschaftlich negative Folgen. Produktionsstillstände beeinträchtigen so manches Unternehmen. Aber es fallen auch Aktienkurse von Firmen, die davon gar nicht tangiert werden. MARIO FRANZIN Viral. Mit Ausbruch der ersten Corona-Vi- rusFälle in Europa kippte der ATX endgültig nach unten. Eine bearishe Konsolidierung entwickelte sich seit November und bestä- tigte sich im Jänner mit einem neuen Jah- restief. In einer ersten Panikreaktion wurde der ATX unter die 3000er-Marke gedrückt. Die nächste kräftige Unterstützung findet sich bei 2680 Punkten. ATX-INDEX . Panik an den Börsen Immobilien-Aktien korrigieren Bei fallenden Kursen sichern sich vor allem institutionelle Anleger über Put-Optionen auf den Index ab oder verkaufen auch Index- Fonds, was den Gesamtmarkt unabhängig von der Qualität der Einzeltitel nach unten drückt. Das ist die Zeit der Stock Picker, die sich dann die zu Unrecht in Mitleidenschaft gezogenen Titel kaufen. Das passiert gerade z.B. bei den Bankenwerten und den Immobi- lienaktien, deren Aufschwung jäh abge- bremst wurde. Aber was haben CA Immo, S Immo oder Immofinanz mit der Corona- Krise zu tun? Hier schlägt der Effekt durch, dass Anleger bei Panikverkäufen zuerst Wer- te aus dem Depot räumen, die die höchsten Gewinne aufweisen – und das sind gerade die in den vergangenen Jahren besonders gut gelaufenen Immo-Aktien. Hier empfiehlt es sich, mit gestaffelten tiefen Limits bei fal- lenden Kursen einzukaufen. Besonders inte- ressant ist hier auch UBM Development, die aufgrund der geringen Liquidität an der Bör- se größeren Kursschwankungen unterliegt und derzeit bereits auf etwa 42 Euro korri- giert hat. Zur UBM veröffentlichte kürzlich Warburg Research eine Analyse, in der sie mit Kursziel 58,40 Euro zum Kauf empfohlen 2018 2019 2.800 3.000 3.200 3.400 3.600 Punkte 48 . GELD-MAGAZIN – März 2020
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