GELD-Magazin, März 2020

D ie Idee ist durchaus bestechend: Um einzelne Banken und ihre An­ leger besser zu schützen, sollen innerhalb der EU die Finanzinstitute unter einem gemeinsamen Dach, eben einer Ban­ kenunion, agieren können. Heftige Probleme oder gar ein veritabler Crash eines einzelnen Instituts sollen dann weder die Kassen der nationalen Einlagensicherung oder gar des Staates belasten. Die ersten Schritte dieser Pläne sind sogar schon realisiert worden, und zwar durch den einheitlichen europäi­ schen Banken-Aufsichtsmechanismus sowie Regeln zur Bankenabwicklung. Gehen wir tiefer ins Detail. Kontrolle ist besser Der Einheitliche Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) be­ zeichnet das System der Bankenaufsicht in Europa. Diese setzt sich aus der EZB und den nationalen Aufsichtsbehörden der teil­ nehmenden Länder zusammen. Der SSM soll die Sicherheit und Solidität des europäi­ schen Bankensystems gewährleisten und die Finanzintegration und -stabilität stärken. In­ nerhalb dieser Kooperation herrscht eine ge­ wisse Arbeitsteilung: Die EZB beaufsichtigt grenzüberschreitend größere Banken, die nationalen Zentralbanken sind für kleinere nungsgemäße Abwicklung von ausfallenden Banken mit möglichst geringen Kosten für den Steuerzahler und die Realwirtschaft sicherstellen. Wobei wiederum wichtig ist, dass dieser Vorgang nach einheitlichen EU- weiten Regeln erfolgt. Allerdings fehlt jetzt noch zumindest ein wesentlicher Schritte zur Umsetzung der Bankenunion. Der Knackpunkt liegt – wie schwer zu erraten – beim Geld. Wer bezahlt was? Mit SRM und SSM sind zwei wesentliche Säulen für die angestrebte Union geschaffen worden, damit sie aber wirklich funktionie­ ren kann, braucht es natürlich auch eine Art europäischer Einlagensicherung. In diese müssten die Banken dann abhängig von ihrer Größe, logisch wäre die Einlagehöhe, eine gewisse Summe einzahlen. Aber hier spießt es sich gewaltig, vor allem Österreich und Deutschland steigen auf die Bremse. Diese Länder hegen den Verdacht, dass vor allem Italien seine Banken nicht völlig unter Kon­ trolle hat und notleidende Kredite nicht ausreichend abgeschrieben worden sind. Deutschland und Österreich vertreten somit die Meinung, dass hingegen Banken, die ihre Probleme gut abgearbeitet haben, in einem europaweiten Einlagensicherungs­ system „draufzahlen“ müssten. Experten wie der Wifo-Ökonom Thomas Url halten diese Bedenken für nicht von der Hand zu weisen: „Eine europäische Einlagensicherung kann nicht realisiert werden, bevor Sicherheit besteht, dass bei den südländischen Banken keine Leichen im Keller vergraben liegen. So dürfen bei Banken-Stresstests auch nicht die roten Lichter überwiegend in Italien auf­ leuchten.“ Wenn solche regionalen Häu­ fungen beseitigt sein sollten, wäre der Zeit­ BANKING . Banken- und Schuldenunion Angst vor „Leichen im Keller“ Die EU will ihre Geldinstitute im Sinne einer Bankenunion stärken und den Anlegern mehr Sicherheit bieten. Den Plänen stehen allerdings notleidende Kredite im Weg. Vor allem in Italien muss noch aufgeräumt werden. HARALD KOLERUS DIE GRÖSSTEN BANKEN DER EU RANG WELTWEIT INSTITUT LAND BILANZSUMME 2019 9 BNP Paribas Frankreich 2.337 Mrd.€ 10 Crédit Agricole Frankreich 2.124 Mrd.€ 16 Banco Santander Spanien 1.671 Mrd.€ 17 Deutsche Bank Deutschland 1.544 Mrd.€ 18 Société Générale Frankreich 1.485 Mrd.€ 93 Erste Group Bank Österreich 272 Mrd.€ Quelle: S&P Global Market Intelligence Report 2019 Institute zuständig. Hintergrund des SSM: Die noch immer nachwirkende Krise aus dem Jahr 2008 hat sehr deutlich vor Augen geführt, mit welcher Geschwindigkeit und Wucht sich Probleme im Banken- sowie Fi­ nanzsektor ausbreiten können, vor allem in einer Währungsunion. „Die europäische Bankenaufsicht dient dazu, das Vertrauen in den Bankensektor wiederherzustellen und dessen Widerstandsfähigkeit zu stär­ ken“, heißt es seitens der EZB. So weit, so gut, aber was passiert, wenn es einer Bank tatsächlich „an den Kragen geht“, sie also abgewickelt werden muss? Wenn der Pleitegeier kreist In prekären finanziellen Situationen kommt dann der Einheitliche Abwicklungsmecha­ nismus (Single Resolution Mechanism, SRM) zum Einsatz. Dieser soll die ord­ „Bei Banken- Stresstests sollten regionale Häufungen verschwinden und die roten Lichter nicht mehr überwiegend in Italien aufleuchten.“ Thomas Url, ÖkonomWifo 18 . GELD-MAGAZIN – März 2020

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