GELD-Magazin, Februar 2020

Die Geldpolitik der EZB ist keineswegs so expansiv, wie vielfach behauptet. Die Geld- menge M3 (etwas breiter als M2) wuchs in Europa in den vergangenen sieben Jahren um durchschnittlich 3,5 Prozent. Nötig wäre jedoch ein Geldmengenwachstum von sieben Prozent. Zudem ist der Schulden­ abbau im privaten Sektor – und vor allem im Finanzsektor – noch nicht weit genug fort- geschritten. Die EZB kauft weiterhin Anleihen und wird die Zinsen wohl noch tiefer senken. Ist das keine expansive Geldpolitik? Es stimmt, die Zinssätze sind nahe null oder gar negativ. Die Zinsen sind aber irrelevant. BlickenSienuraufJapanoderdieSchweiz.In Japan liegt der Notenbankzins seit 20 Jahren bei null. Doch wächst dort die Geldmenge? Keineswegs. Es gibt sogar Deflation. Mone- täre Steuerung bezieht sich auf das Wachs- tum der Geldmenge. Darauf müssen sich Zentralbanken konzentrieren. Die EZB macht also Ihrer Meinung nach keine gute Geldpolitik? Die EZB-Politik ist eine Katastrophe. Sie blickt durch das falsche Ende des Telekops, indem sie sich ausschließlich am Zinssatz orientiert. Die EZB richtet ihre Anleihe- käufe an die falschen Empfänger und zu- dem schaden negative Zinsen massiv den Sparern. Minuszinsen verursachen zudem große Probleme für kleinere regionale Banken, die durch schrumpfende Nettozinsmar- gen aus dem Geschäft getrie- ben werden. Tiefe Zinsen allein sind also die falsche Strategie? Die EZB hat die Zinsen ins Minus gedrückt, weil sie glaubt, dass die Banken, wenn die Zinsen nur tief ge- nug fallen, irgendwann auch wieder Kre- dite vergeben werden, sodass sich die Aus- gaben insgesamt wieder normalisieren. Aber die Banken in der Eurozone sind wei- terhin risikoscheu und die Kreditvergabe ist immer noch sehr schwach. Außerdem zwin- gen regulatorische Auflagen die Banken dazu, ihr Kapital aufzustocken, was das Kre- dit- und Geldwachstum bremst. Was sollte die EZB tun? Die EZB muss das Geld- mengenwachstum be- schleunigen. Dadurch würden nominales BIP und die Inflation steigen, ohne die Sparer zu schä- digen. Denn die Zinsen würden sich neu ausrich- ten. Um diese Strategie umzusetzen, sollte die EZB Anleihen von Nichtbanken kaufen, so wie es auch die Fed und die Bank of Eng- land tun. Die EZB hat aber, wie die japa- nische Zentralbank, Anleihen bisher fast nur dem Bankensystem abgekauft. Das ist der entscheidende Fehler. Warum ist das falsch? Auf diese Weise wird kein zusätzliches Geld geschaffen – es ist nur ein Tausch von Assets. Die EZB und die Bank of Japan glauben, dass sie expansive Zinspolitik betreiben, wenn sie die Zinssätze nach unten drücken. Aber da- mit vernichten sie nur die Ersparnisse der Bevölkerung und der Pensionskassen. Was bedeutet das für die Finanzmärkte? Solange sich Volkswirtschaften wie die USA mitten in einer Expansionsphase befinden, sind Risikoassets wie Aktien oder Immobi­ lien die attraktivsten Anlageklassen. Sobald die Inflation anzieht, sollten Anleger auf Cash umsteigen. Im Abschwung oder am Be- ginn eines Aufschwungs ist es vorteilhaft, Anleihen zu halten, da die Zinssätze fallen. Je nach Zeitpunkt im Konjunkturzyklus soll­ ten Anleger von Anleihen über Aktien zu Cash und wieder zu Anleihen zu wechseln. Die USA befinden sich nach wie vor im mittleren Abschnitt des Konjukturzyklus – US- Aktien sollten auch heuer eine gute Perfomance zeigen. Februar 2020 – GELD-MAGAZIN . 9

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