GELD-Magazin, Februar 2020
WIRTSCHAFT . Neue Regierung „ethische oder ökologische“ Assets entfal- len. Eine durchaus charmante Idee, der Teufel liegt allerdings im Detail. Denn wie soll entschieden werden, was ethisch/öko- logisch ist und was nicht? Komplexe Materie An einer genauen Definition scheiden sich seit jeher die Geister, allerdings naht Schüt- zenhilfe seitens der EU. Im Rahmen ihres „Aktionsplans für nachhaltiges Wirtschaf- ten“ will sie eine Taxonomie, also ein Kate- gorienschema, festlegen, das nachhaltige Investments festlegt. Eine gute Orientie- rungshilfe für die neue Regierung, wenn die Taxonomie einmal steht, was für das heuri- ge Jahr erwartet wird. Steuerspezialist Mo- ritz zieht folgendes Fazit: „Es bleibt zu hof- fen, dass die Ausgestaltung nicht mehr an Komplexität als andere Maßnahmen an Ver- einfachung bringt.“ Experte Url sieht aber noch eine weitere Schwierigkeit: „Wenn man beginnt, das KESt-Recht löchrig zu ma- chen, könnte somit dem Lobbyismus Tür und Tor geöffnet werden. Interessenvertre- ter werden sagen: ,Was wir machen, ist ebenfalls ethisch´ – und versuchen, mög- lichst viele Ausnahmen durchzusetzen.“ Der Wifo-Ökonom stellt in Folge die Überlegung an, ob es nicht sinnvoller werden die Ökolo- gisierung durch Subventionen oder gleich durch direkte Investitionen des Staates in entsprechende Projekte voranzutreiben. „Das wäre auch im Sinne der Transparenz zu begrüßen“, so Url. Altersvorsorge erleichtern Welche Pläne hat die Regierung weiters auf- gestellt, um dem Kapitalmarkt unter die Arme zu greifen? Zu nennen sind hier Änderungen bei der Altersvorsorge, die zu- mindest indirekt der Wiener Börse zugute kommen könnten (siehe Bericht links). Denn so sollte etwa durch eine vereinfachte steuerliche Behandlung der betrieblichen Vorsorge mehr Kapital in Vorsorgekassen fließen, diese investieren wiederum einen Teil ihres Portfolios in Aktien. Interessante Aspekte finden sich auch zu Start-ups und KMUs: Um den österreichischen Standort und vor allem die Gründung neuer Unter- nehmen zu fördern, soll privates Risikokapi- tal mobilisiert werden. Zum Beispiel durch die Einführung und Lockerung der Verlust- verrechnungsmöglichkeit bei Einkünften aus Kapitalvermögen. Aktuell können pri- vate Investoren Verluste aus der Beteiligung an Start-ups nur mit bestimmten positiven Kapitaleinkünften und nur im selben Jahr ausgleichen – zukünftig soll die Verlustver- rechnung auch über mehrere Jahre hinweg erfolgen können. Fazit: Das Regierungspro- gramm kann sich sehen lassen, jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Börse & Pensionen Im Bereich der privaten Pensi- onsvorsorge sind im aktuellen Regierungsprogramm auch eini- ge Maßnahmen geplant, die durch- aus positive Auswirkungen auf Kapitalanlagen haben könnten: Rahmenbedingungen für einen Generalpensionskassen-Vertrag schaffen: Das bedeutet die Möglich- keit der Übertragung von Kapital aus einer Vorsorgekasse (z.B. Abfin- dung) in eine Pensionskasse (etwa bei einem neuen Arbeitgeber). Geplante Verwaltungsverein fachungen bei Pensionskassen und Mitarbeitervorsorgekassen. Weiterentwicklung zur sogenann- ten Optionalität (Wahlmöglich- keit) zwischen Vorsorgeplänen mit/ ohne Kapitalgarantie bei der frei- willigen privaten Vorsorge. Einführung einer PensionsApp für jede Bürgerin und jeden Bürger zur Schaffung von Transparenz unter Be- rücksichtigung von Datenschutz. Credits: beigestellt, Wiener Börse „Das neue Regierungsprogramm enthält viele positive Signale, muss aber noch von Leben erfüllt werden.“ Christoph Boschan, CEO Wiener Börse 22 . GELD-MAGAZIN – Februar 2020 Alle großen heimischen und internationalen Handelshäuser sind an die Wiener Börse ange- schlossen. Österreichische Aktien punkten durchaus bei globalen Investoren: Mehr als 75 Prozent des Aktienumsatzes stammen aus dem Ausland. Wer inWien investiert Großbritannien 16,7% *U.a. zählen dazu Schweden, Belgien, Hongkong, Dänemark Österreich 23,5% USA 24,5% Andere 9,9% * Polen 1,4% Kanada 1,9% Schweiz 1,9% Niederlande 2,1% Norwegen 5,6% Deutschland 6,1% Frankreich 6,4% International 76,5% Quelle: Ipreo by IHSMarkit, Dezember 2018
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