GELD-Magazin, Februar 2020
Handel an derWiener Börse 2019 Das Einziehen einer Behaltefrist soll Investi- tionen in Aktien, Fonds etc. von dieser Steu- er befreien, wie lange diese Frist ausfallen soll, wird allerdings erst erarbeitet. Im Raum steht ein Zeithorizont von fünf oder sogar zehn Jahren. Das erscheint doch ziemlich lange und ist mit Bestimmungen zur Veranlagung in Immobilien vergleich- bar. Es gilt abzuwarten, wie die Detailergeb- nisse ausfallen werden, prinzipiell halten Experten die Behaltefrist für sinnvoll. Tho- mas Url, Ökonom am Wifo, meint: „Wenn man den Kapitalmarkt beleben, Investoren langfristig binden und gegen kurzfristige Spekulationen vorgehen will, sind solche Maßnahmen zu begrüßen. Über die Dauer der Behaltefrist lässt sich diskutieren. Ich sehe hier einen Rahmen von zweieinhalb Jahren oder länger.“ Achtung: Bei den prinzipiell positiven Überlegungen darf allerdings auf einen Punkt nicht vergessen werden, wie der Steuerberater Helmut Mo- ritz anführt: „Mit der Einführung einer Be- haltefrist wird wohl auch die Ausgleichs- möglichkeit von gleichartigen Verlusten eingeschränkt werden. Dies könnte ins besondere dann von Relevanz sein, wenn man davon ausgeht, dass die Höhepunkte auf den Aktienmärkten bereits erreicht worden sind.“ Belebung erwünscht Dennoch scheinen die positiven Effekte einer Spekulationsfrist zu überwiegen; in diesem Zusammenhang ist auch folgende Studie höchst interessant: Laut einer Integral-Analyse, im Auftrag der Erste Bank, schreckt die Wertpapier-KESt Anleger er- heblich davor ab, in Fonds, Aktien oder An- leihen zu investieren. 15 Prozent der Öster- reicher, die überhaupt keine Wertpapiere besitzen, sagen, sie würden diese Veranla- gungsform wählen, wenn es die 27,5 Pro- zent KESt auf Wertpapierinvestments nicht geben würde. In Gesamt-Österreich (Wert- papier-Besitzer und -Nichtbesitzer) sind es sogar 26 Prozent, die bei Abschaffung der KESt diese Anlageklasse verstärkt wählen würden. Und 53 Prozent aller, die schon Wertpapiere besitzen, würden ohne KESt verstärkt in Fonds, Aktien und Anleihen in- vestieren. „In einer Zeit, in der es auf klas- sische Spareinlagen keine Zinsen gibt, sollten Maßnahmen ergriffen werden, um Privatanlegern den Weg in Wertpapier-In- vestments zu vereinfachen. Die KESt auf Wertpapiere bewirkt leider das genaue Ge- genteil“, hält dazu Erste Bank-CEO Peter Bo- sek fest. Über eine komplette Abschaffung der KESt traut sich die türkis-grüne Koali tion allerdings nicht drüber. Ökologisierung Dafür haben sich die Verhandler etwas an- deres einfallen lassen: In Zeiten der hitzigen Klimadiskussion und sicherlich mit Bedacht auf die Kernpositionierung der Grünen, soll die Wertpapier KESt bei Investments in Quelle: Wiener Börse Der ATX konnte im Vorjahr rund 20 Prozent an Wert gewinnen, das liegt international gesehen im guten Mittelfeld. Was die Volumensentwicklung betrifft, fiel die Wiener Börse gegenüber 2018 zurück. Kapitalmarktstärkende Maßnahmen sind also willkommen. Aktien-Umsätze in Mrd. Euro 2015 2016 2017 2018 2019 70,5 62,0 66,8 56,0 58,4 Entlastung für Investoren und Unternehmen KESt. Versprochen wird die Kapi- talertragsteuer-Befreiung für ökolo- gische bzw. ethische Investitionen. Die Ausarbeitung eines Konzepts und Kriterien-Sets erfolgt durch die zuständigen Ministerien für Finan- zen und Klima, das heißt die Um- setzung wird noch dauern. Zeit- plan wurde keiner vorgegeben. Weiters auf der Agenda steht die Er- arbeitung einer Behaltefrist für die KESt-Befreiung auf Kursgewinne bei Wertpapieren und Fondsprodukten. Bis zum Budgetbegleitgesetz 2011 waren Kursgewinne nach einer Frist von einem Jahr steuerfrei. Nunmehr wird die Behaltefrist wohl länger aus- fallen, vorstellbar sind fünf oder gar zehn Jahre. Zur Erinnerung: Die KESt auf Kapitalvermögen wurde 2016 von 25 auf 27,5 Prozent angehoben. KöSt. Was Wirtschaft und Unterneh- men freuen wird: Die Körperschaft- steuer (KöSt) soll von 25 auf 21 Prozent reduziert werden, das entspricht der durchschnittlichen Belastung auf EU- Ebene. Der Zeitpunkt der Absenkung bleibt offen. Schwarz-Blau hatte eine Entlastung auf 23 Prozent im Jahr 2022 und auf 21 Prozent in 2023 vorgese- hen, nicht unwahrscheinlich, dass auch die neue Regierung diesen Zeitho- rizont anstrebt. Außerdem wird die Abschaffung der Mindest-KöSt geprüft, um besonders KMUs zu entlasten. Februar 2020 – GELD-MAGAZIN . 21
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