GELD-Magazin, Dezember 2019 / Jänner 2020
an oder der Online-Versand Alibaba mit seiner Rückversandversicherung sind nur zwei Beispiele. VERSICHERERALS START-UP-GRÜNDER Die etablierten Versicherer sind ob der disruptiven Entwicklungen gefor- dert und versuchen sich selbst als Grün- der von digitalen Versicherungsunter- nehmen. Seit April dieses Jahres ist der deutsche Kfz-Digitalversicherer nexible, 100-prozentige Tochter der Ergo-Versi- cherung, am österreichischen Markt ak- tiv und bietet über den Vertriebskanal durchblicker.at Kfz-Haftpflichtversiche- rungen an. „Wir fokussieren uns auf die- jenigen, die ihr Smartphone nutzen, um ihr Leben zu organisieren. Diese Ziel- gruppe hat eine Aversion gegen mehr Pa- pier zu Hause, will keine Synchronkom- munikation über Hotlines“, erklärt John Paul Pieper, CEO von nexible. Über Face- book etwa findet auch Support bei Fra- gen statt. UNIQA Ventures heißt der Start-up- Investment-Arm der Nummer zwei unter den österreichischen Versicherern und verfügt über rund 50 Millionen Euro Ka- pital, das vor allem in junge Unterneh- men der Talenteschmiede des nahege- legenen Start-up-Hubs weXelerate in- vestiert werden. Die Vienna Insurance Group (VIG) hat ein eigenes Corporate Start-up im Konzern etabliert. Ziel des neuen Start-ups ist, die Interaktion zu den Versicherungskunden auf rein di- gitaler Basis einfacher, schneller und transparenter zu machen. Hilfe zur Di- gitalisierung gibt es auch durch die Ver- gleichsplattform durchblicker.at , die fast alle Versicherer heute nutzen. So konnte Helvetia in Kooperation mit der digitalen Vertriebs- und Vergleichsplattform für Finanzprodukte ihren Prämienbestand im Schaden-, Unfall- und Kfz-Geschäft um 30 Prozent ausbauen. Aber auch ihre Kommunikations- schnittstellen müssen die traditionellen Versicherer auf die neuen Bedürfnisse anpassen und treten verstärkt via Social Media mit den Kunden in Kontakt. Ein attraktiver Auftritt auf Facebook und Co. ist dabei nicht nur ein Einbahnverkehr. „Wir bemerken, dass unsere Social Me- dia-Aktivitäten immer mehr von unseren Kunden als zusätzliche Service-Kanäle wahrgenommen werden, über die man – neben dem bewährten E-Mail- oder Te- lefon-Kontakt – mit uns kommunizieren kann“, erklärt Pia Greinstetter, Social Media-Verantwortliche bei Ergo Öster reich. Auch andere Technologien kom- men zum Einsatz. Bei Klickmal.at, digi- taler Versicherer von Wüstenrot, können Kunden mit einem Chatbot via Messen- ger eine Versicherung abschließen. PERSÖNLICHE BERATUNG BLEIBT Die Digitalisierung hat jedoch auch ihre Grenzen. Die Regulierungsflut im Zuge der Versicherungsvertriebsricht- linie (IDD) und der Datenschutzgrund- verordnung (DSGVO) ist eine wesent- liche Markteintrittsbarriere für neue Un- ternehmen, wie Martin Hartmann, CEO der VIG Re, klarstellt. „Es wird immer schwieriger, diese Prozesse zu digitalisie- ren.“ So wird die Regulierung zu einem Schutzschild für das alte Vertriebsmo- dell der persönlichen Beratung. Chris tian Pedak von L’Amie wettert gegen das Übermaß an Regularien und meint, dass Online-Konkurrenz | VERSICHERUNG „Die Zukunft der Versicherung wird modular – mit zeit- stempel- und IoT-gesteuerten Produkten.“ Julian Teicke, Wefox „Bei datengetrie- benen Produkten be- stehen noch Zweifel hinsichtlich des Datenschutzes und der Privatsphäre.“ Sven Rabe, VAV Versicherung Die Investitionen von Insurtechs haben sich zwischen 2017 und 2018 verdoppelt. Die Zahl der Transaktionen erreichte 2016 mit 151 ihren Höchststand. INSURETECHS SAMMELN JEDES JAHR MILLIARDEN EIN in Mrd.USD Quelle:FinTechGlobal 3 2 1 0 2014 2015 2016 2017 2018 0,49 1,77 1,42 1,65 3,18 diese Vorgaben der etablierten Indus- trie helfen und Innovationen verhindern. „Bei datengetriebenen Produkten wie ‚Pay as you drive‘-Modelle in der Kfz-Ver- sicherung bestehen zusätzlich Zweifel hinsichtlich des Datenschutzes und der Privatsphäre“, erklärt Sven Rabe, Chef des Online-Versicherers VAV. Für die Wiener Städtische sind komplexe Versi- cherungslösungen (Gesundheitsvorsor- ge, Betriebsunterbrechung, Lebensver- sicherung) daher für den Online-Vertrieb nicht geeignet. Sogar die Insurtech-Ver- treter glauben nicht an das Ende der per- sönlichen Beratung. „Die Digitalisierung und der technologische Fortschritt er- leichtern die Arbeit in vielen Bereichen – was sie aber nicht können, ist, die per- sönliche Beratung der Kunden zu über- nehmen, bei der es immer um mehr geht als nur um reine Daten und Fakten“, er- klärt Wefox-Gründer Teicke. CREDITS: beigestellt JÄNNER 2020 – GELD-MAGAZIN | 81
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