GELD-Magazin, Dezember 2019 / Jänner 2020
sion von neuen Bitcoin basiert nämlich auf „Mining“. Mit jedem neu errechne- ten Block werden nicht nur Transak- tionen validiert, sondern auch die Zur- verfügungstellung von Rechenkapazität mit neugeschaffenen Bitcoin entlohnt. Dieser Blockreward ist fest im Protokoll codiert und reduziert sich periodisch um die Hälfte. Diese Angebotsverknappung heißt „Halving“ und findet alle 210.000 Blöcke oder etwa alle vier Jahre statt. Grund für diese Emissionsstruktur ist die Nachahmung der Angebots- und In- flationskurve von Gold. Momentan werden von Minern etwa 1800 neue Bitcoin pro Tag geschaffen, doch nach Block Nummer 630.001, der voraussichtlich am 14. Mai 2020 ge- schaffen werden wird, fällt der Blockre- ward von derzeit 12.5 auf 6.25 Bitcoin und reduziert damit das Angebot frischer Bitcoin abermals um die Hälfte. Ein Blick in die Vergangenheit sowie auf Standard- Angebots- und Nachfragemodelle gibt Grund zur Annahme, dass diese künst- liche Verknappung beim gegenwärtigen institutionellen Interesse zu einem An- gebotsschock führen sollte. Selbst unter der Annahme eines konstanten Investiti- onswachstums wird der reduzierte Ver- kaufsdruck durch die Miner eine Auswir- kung auf den Preis haben. GRÜNDE ZUR SKEPSIS Ganz so simpel ist es leider doch nicht und ein neuerlicher Bullrun, wie nach den vergangenen Halvings in den Jahren 2012 und 2016, ist bei weitem nicht „hard-coded“. Erstens ist die Re- duktion des Blockrewards keine funda- mentale Änderung, sondern ein Faktum Bitcoin | BRENNPUNKT – und Märkte sind bekannterweise sehr effizient, wenn es um die Weitergabe von Information geht. Wenn jeder weiß, dass sich das Angebot in sechs Monaten um die Hälfte reduzieren wird, warum sollte das nicht jetzt schon eingepreist sein? Schließt man aus vergangenen Beo- bachtungen, dann muss weiters berück- sichtigt werden, dass sich das Bitcoin- Ökosystem seit 2016 komplett verändert hat: das breite öffentliche Interesse war viel geringer, Derivatemärkte steckten noch in den Kinderschuhen und der ins- titutionelle Einfluss war gleich null. Drittens gehen einige Beobachter da- von aus, dass eine Halbierung des Block- Rewards und damit der Profitabilität viele kleine Miner in die Knie zwingen könnte. Durch die stärkere Zentralisie- rung wäre damit die Sicherheit des Netz- werkes gefährdet. DIE GESCHICHTE WIEDERHOLT SICH Auch wenn das anstehende Bitcoin- Halving fundamental keinen direkten Einfluss auf den Preis haben wird, so könnte sein Narrativ die Nachfrage sehr wohl beeinflussen. Die Erwartung einer Preissteigerung, gepaart mit der Unsi- cherheit des gegenwärtigen ökonomi- schen Umfelds sowie dem wachsenden Bedarf nach finanzieller Absicherung, könnte am Ende dazu führen, Kapital aus traditionellen Anlageklassen abzu- ziehen und neue Investoren-Schichten anzulocken. Unter prominenten Marktanalysten sind die Meinungen gespalten. STOCK-TO-FLOW: STEIGT BITCOIN AUF 100.000 DOLLAR? Stock-to-Flow-Modelle basieren auf dem Verhältnis von gegenwärtigem Bestand (Stock) zur jährlich neugeschaffenen Menge eines Assets (Flow) und werden häufig zur Vorher- sage der Auswirkungen von Bitcoin-Halvings herangezogen. Die Stock-to-Flow Ratio von Gold (in SFR) ist mit 62 relativ hoch. Das bedeutet, dass es 62 Jahre benötigen würde, um den gegenwärtigen Goldbestand zu fördern. Das verhilft Gold zur niedrigsten Angebots-Preiselastizität aller Rohstoffe und seiner superioren Stellung als Wertaufbe- wahrungsmittel. Die Stock-to-Flow Ratio von Bitcoin (in SFR) von 26 ist derzeit noch mit Silber vergleichbar, erhöht sich nach dem nächsten Halving jedoch auf knapp 54, weshalb Anhänger dieser Theorie massive Preissteigerungen in den nächsten Jahren erwarten. Eine der bekanntesten dieser Analysen kommt vom Trader „Plan B“ (Pseudo- nym) und prognostiziert einen unglaublichen Preisanstieg auf über 100.000 US-Dollar nach dem Halving. Obwohl sein Modell oft in der Kritik steht, die Nachfrageseite kom- plett außer Acht zu lassen, hielt die Regression bisher rigorosen Untersuchungen stand und konnte vergangene Preisbewegungen von Bitcoin rückwirkend mit erstaunlicher Prä- zision vorhersagen. Fragt man Plan B, wo das Kapital für einen solch hohen Bitcoinpreis herkommen soll, ist seine Antwort: Silber, Gold, Länder mit negativen Zinsen, Länder mit räuberischen Regierungen, Wohlhabende, die sich gegen QE absichern wollen und insti- tutionelle Investoren. JÄNNER 2020 – GELD-MAGAZIN | 15
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