GELD-Magazin, November 2019
ES WERDE GELD. Der Titel des vorlie- genden Werkes „Crashkurs Geld“ lässt schlie- ßen, dass es sich hierbei um einen Ratge- ber handelt, der in Anlagestrategien einführt, wie man sein Kapital am besten vermehrt. In Wirklichkeit stellt das Buch aber vielmehr dar: Nämlich eine harte und umfassende Kritik am vorherrschenden (Papier-)Geldsys- tem. Autor Andreas Marquart schreibt: „Ohne Übertreibungen lässt sich sagen, dass wir seit 1971 im wohl größten Geldexperiment aller Zeiten leben. Denn noch niemals zuvor waren alle Währungen der Welt – gleich ob Euro, US-Dollar, japanischer Yen oder Schweizer Franken – reine Papierwährungen, basierend auf, gedeckt durch und entstehend aus dem ... Nichts.“ Dieses „Fiat-Geld“ (es werde Geld) sei demnach auch praktisch für fast alle öko- nomischen Probleme, zum Beispiel die hohe Verschuldung, unserer Zeit verantwortlich, weil es keinen realen Gegenwert gebe und es beliebig gedruckt werden könne. Auch werde das „Luft-Geld“ von gierigen Politikern dazu benutzt, Kriege zu finanzieren. Der Gegen- vorschlag des Autors lautet, den Politikern das Geld, besser gesagt, die Macht über das Geld zu entziehen. Anstelle des Monopols der Politik soll ein Wettbewerb des Geldes bzw. unterschiedlicher „Währungen“ entste- hen. Marquart fixiert sich hier keinesfalls auf bestimmte Ersatzwährungen, führt aber in diesem Zusammenhang Krypto-Titel und Edel- metalle als interessant an. Das alles klingt ein wenig utopisch und man muss nicht immer einer Meinung mit dem Autor sein. Interes- sante Denkanstöße bietet er jedoch allemal. UNTERGEHENDE SONNE? Es ist kein durchaus rosiges Bild, das Wieland Wagner in vorliegendem Werk zeichnet. Im Gegenteil. Oft schimmert bei dem Autor, Journalisten und ausgewiesenen Asien-Kenner einiger Wehmut durch, wenn er das Japan von heute zu erfas- sen versucht. Eine überalterte Gesellschaft (inklusive der manchmal desillusionierten Jugend), wirtschaftliche Stagnation und der verlorene Traum von der globalen Superpower Japans prägen das Szenario im Reich der aufgehenden (oder doch vielmehr unterge- henden?) Sonne. Wagner lebte lange Zeit in Japan und hat die Boom-Phase hautnah miterlebt, Aktien- sowie Grundstückspreise kannten kein Halten mehr und Japan drohte den Westen wirtschaftlich in den Schatten zu stellen. Heute ist von diesem Ruhm der Vergangenheit nicht mehr allzuviel übrig ge- blieben, die Japaner tragen die Rückschläge aber mit Fassung bzw. mit Würde, wie es im Untertitel des Buchs heißt. In dem persönlich geprägten Werk wirft Wagner einen ausführ- lichen Blick auf die alltägliche Arbeits- und Lebenssituation des „durchschnittlichen“ Ja- paners, was mitunter mehr Aufschluss verleiht als so manche wissenschaftliche Abhand- lung. Wobei es sich hier keineswegs um eine Ansammlung von Anekdoten handelt, auch der historische Hintergrund und wirtschaft- liche Zusammenhänge kommen keineswegs zu kurz. Ausführlich wird auch die Reaktor- katastrophe von Fukushima behandelt, ein Ereignis, das im Westen mancherorts schon fast vergessen scheint, in Japan selbst aber bis heute sichtbare Narben hinterlassen hat. DIE VERFÜHRER. Sie sind auf dem Vor- marsch, und zwar in den USA, Europa, aber etwa auch in Lateinamerika. Die Rede ist von den Populisten. Ihr Rezept lässt sich einfach zusammenfassen: Simple Lösungen für sehr komplexe Probleme vorschlagen bzw. vorgau- keln, sehr oft auf dem Rücken von Minder- heiten. Wer noch viel mehr über die Fassetten dieser politischen Gangart erfahren will, dem sei „Theorie des Populismus. Eine Einfüh- rung“ ans Herz gelegt. Hier erfährt man etwa Wissenswertes zur geschichtlichen Entwick- lung dieses Phänomens, das in modernen Zeiten seinen Ursprung in den USA genommen hat. Seinen Namen verdankt der Populismus nämlich einer politischen Protestbewegung, die am Ende des 19. Jahrhunderts in den Ver- einigten Staaten entstanden ist, dem „popu- list movement“. Bereits damals war für Streit gesorgt: Kritiker bezeichneten die Bewegung als rückwärtsgewandt, bisweilen auch rassis- tisch und stellten eine gewissen Neigung zu Verschwörungstheorien fest. Befürworter sahen sie hingegen als progressive Kraft. In Südame- rika zeichnete sich der Populismus wiederum lange Zeit durch eine starke Personalisie- rung, die Mobilisierung städtischer Schich- ten sowie staatszentrierte Umverteilungspo- litik aus. Diese Form der Politik war eher als linksgerichtet zu bezeichnen, wohingegen heute in Brasilien wiederum die rechten Po- pulisten am Ruder sind. In Europa sind in den vergangenen Jahren die rechten Populisten erfolgreicher. Das Buch bietet jedenfalls eine spannende Bestandsaufnahme eines nicht zu unterschätzenden politischen Phänomens. JAPAN.ABSTIEG INWÜRDE WielandWagner.Verlag: DVA. 254 Seiten. ISBN: 978-3-421-04794-6 CRASHKURS GELD Andreas Marquart.Verlag: FBV. 169 Seiten. ISBN: 978-3-95972-233-9 THEORIEN DES POPULISMUS Jörke/Selk.Verlag: Junius. 192 Seiten. ISBN: 978-3-88506-798-6 BUCHTIPPS | Neuerscheinungen & Pflichtlektüre 106 | GELD-MAGAZIN – NOVEMBER 2019 CREDITS: beigestellt
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