GELD-Magazin, Oktober 2019

Was Anleger von der neuen EU-Kommission erwarten können D ass der Finanzmarkt auf mehreren Ebenen im Fokus der EU-Kommis- sion steht, ist spätestens seit der Verabschiedung des Aktionsplans für die Finanzierung nachhaltigen Wachstums kein Geheimnis mehr. Doch neben der Nachhaltigkeit gibt es auch weitere Themen, wie zum Beispiel den Anlegerschutz und die Finanzmarktstabilität, auf der Agenda der EU-Kommission. Somit könnte eine Überarbeitung der für Invest- mentfonds geltenden UCITS-Richtlinie eines der Hauptthemen in der neuen Legislatur- periode sein. Gerade im Hinblick auf neue oder erweiterte Regulierungen stellt sich für Fondsanbieter und Investoren die Frage, wel- che Themen die neue EU-Kommission hier- bei besonders berücksichtigen wird. NACHHALTIGES WACHSTUM Der erste Punkt, der schon heute klar ist, ist die Umsetzung des Aktionsplans für die Fi- nanzierung nachhaltigen Wachstums. Diese Initiative wurde von der alten EU-Kommis- sion auf den Weg gebracht und wird unter der neuen Führung umgesetzt werden. Unklar ist allerdings, wann der Aktionsplan erweitert wird, denn derzeit bezieht sich die Initiative nur auf die Bereiche Umwelt und Klima, also das E in ESG. Dies bedeutet, dass sich Anle- ger und Produktanbieter schon heute darauf vorbereiten sollten, dass sich die neue EU- Kommission in dieser Legislaturperiode mit der Erweiterung der Initiative auf die Themen Soziales, das S in ESG, und Unternehmens- führung, das G in ESG, beschäftigen wird. Ebenso ist davon auszugehen, dass es Nach- besserungen bei den einzelnen Punkten ge- ben wird, da die Stärken und Schwächen der neuen Regulierung im Detail erst in der prak- tischen Umsetzung deutlich werden. Hierbei könnten besonders die Berichtspflichten von Fonds im Fokus stehen. Unklar ist allerdings noch, ob und wie das Thema Nachhaltigkeit in einer überarbeiteten Version der UCITS- Richtlinien aufgenommen wird. KOSTENTRANSPARENZ Des Weiteren werden sich die EU-Kommis- sion wie auch die europäische Wertpapier- aufsicht (ESMA) sehr wahrscheinlich auch weiterhin mit dem Thema Fondskosten be- schäftigen. Kernpunkt werden hierbei neben einer größeren Transparenz für die Anleger insbesondere die für einzelne Dienstleistun- gen innerhalb der Fonds anfallenden Kosten sowie eine weitere Harmonisierung der Kos- tenarten sein. Zudem dürften auch die soge- nannten Performance Fees, also Gebühren, die aufgrund der erzielten Wertentwicklung anfallen, erneut auf dem Prüfstand stehen, da deren Umsetzung in den Fonds in den EU- Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabt wird. Gerade der letzte Punkt ist im Hinblick auf die Harmonisierung der EU-Märkte wich- tig, da mit einer einheitlichen Regelung in diesem Bereich eine weitere Vertriebshürde innerhalb der EU verschwinden würde. Aus meiner Sicht ist davon auszugehen, dass sich zumindest die ESMA in der nahen Zukunft mit dem Thema moderne Portfolio- managementtechniken und hier insbesonde- re mit der Wertpapierleihe beschäftigen wird. Die Vorschriften für die Wertpapierleihe sind derzeit noch relativ weit gefasst, was dazu führt, dass immer mehr Fondsanbieter ver- suchen, mit dieser Technik sowohl für die je- weiligen Fonds, aber auch für sich Zusatz- erträge zu erzielen. Die zunehmende Beliebt- heit der Wertpapierleihe bei einer gleichzeitig fehlenden Transparenz könnte dazu führen, dass hier systemische Risiken schlummern, die es aus Sicht der ESMA aufzudecken gilt, bevor diese in der Realität eintreten. ZUSAMMENFASSUNG Meiner Ansicht nach wird die EU-Kommis- sion in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit der ESMA die UCITS-Regulierung über- arbeiten und dabei insbesondere das Thema nachhaltige Geldanlage stärken. Ebenso werden die Regulatoren versuchen, einzelne Markthindernisse, wie zum Beispiel im Be- reich der Fondsgebühren, zu beseitigen, um den innereuropäischen Markt weiter zu har- monisieren und zu stärken. Zudem werden die EU-Kommission und die ESMA versu- chen, eventuelle Schwächen der bestehen- den UCITS-Regulierung auszubessern, um so die Anleger vor möglichen Verlusten zu schüt- zen und eventuelle systemische Risiken zu minimieren. Hierzu gehört auch, die größt- mögliche Transparenz zu schaffen. Alles in allem betrachtet könnte eine Über- arbeitung der UCITS-Regulierung für die An- leger sehr positiv sein, während sich die Fondsanbieter wie immer über den stei- genden Arbeitsaufwand beklagen werden. Letztendlich sind die Fondsanbieter die Treu- händer der Anleger und sollten ihren Kapital- gebern auf allen Ebenen Rechenschaft able- gen. Da es aber gerade im Bereich der Ge- bühren und bei dem Einsatz von modernen Managementtechniken an Transparenz man- gelt, ist es nur richtig, wenn die Regulatoren das Recht der Anleger einfordern. www.lipperleaders.com Fürden InhaltderKolumne istalleinderVerfasserverantwortlich.Der Inhaltgibt ausschließlichdieMeinungdesAutorswieder,nichtdievonRefinitiv. | LIPPER RESEARCH | OKTOBER 2019 – GELD-MAGAZIN | 35 KOLUMNE Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA

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