GELD-Magazin, Oktober 2019
unter Marktteilnehmern umhört, wird manchmal zumindest hinter vorgehal- tener Hand die Angst vor einer Nachhal- tigkeits-Überregulierung geäußert. Eine berechtigte Befürchtung? Robert Haßler, Head der Nachhaltigkeits-Ratingagentur ISS-oekom, meint dazu im Gespräch mit dem GELD-Magazin: „Wenn es keine Re- gulierungen gibt, wird der Schrei danach laut. Wenn dann Regeln gesetzt werden, schwappt die Stimmung leicht in die an- dere Richtung über. Tatsache ist, dass es derzeit keine einheitlichen Standards im Markt gibt und es sehr viele verschiedene Definitionen von Nachhaltigkeit gibt. Das sollte sich ändern, weshalb ich die Be- mühungen der EU alles in allem posi- tiv sehe.“ Außerdem meint der Experte, dass der EU-Aktionsplan prinzipiell für mehr Bewusstsein in Sachen ESG und RSI sorgen würde: „Passiert das, kommt der Finanzmarkt noch stärker in Rich- tung Nachhaltigkeit in Schwung und sollte auch die Realwirtschaft anstoßen.“ Jedenfalls nehme bereits jetzt der Druck zu mehr Nachhaltigkeit zu, einer- seits wegen der Regulatorien, anderer- seits wegen einer allgemeinen Bewusst- seinsänderung. Welche Rolle spielen hier Nachhaltigkeits-Ratingagenturen, die manche Kritiker als zu mächtig bezeich- nen? Haßler kann diese Skepsis nicht teilen: „Nachhaltigkeits-Ratingagenturen stehen seit Jahren in einem intensiven Wettbewerb, das tut dem Markt und den Kunden gut. Auch sind klassische Cre- dit-Rating-Agenturen dazugekommen und nehmen sich des Themas an. Und natürlich ist es nachvollziehbar, wenn auch Nachhaltigkeits-Ratingagenturen in die Diskussion und Regulative mitein- bezogen werden.“ BLICK NACH ÖSTERREICH Viel ist also von neuen Regeln und Standards die Rede. Wie ist nun der hei- mische Finanzmarkt vorbereitet, dem ja manchmal das Image nachhängt, ger- ne im Dornröschenschlaf zu versin- ken? Zumindest in Beziehung Nachhal- OKTOBER 2019 – GELD-MAGAZIN | 15 Nachhaltigkeit & Finanzmarkt | BRENNPUNKT SCHWEISSTREIBENDER KLIMAWANDEL Die Erderwärmung ist alles andere als ein abstraktes Phänomen, wir bekommen es hautnah vor allem in der warmen Jahreszeit immer stärker zu spüren. Von den zehn heißesten Sommer der 253-jährigen Messgeschichte in Österreich liegen neun in der jüngeren Vergangenheit. Wie gefährlich die Situation global gesehen ist, hat der Weltklimarat IPCC jüngst in seinem Sonderbericht deutlich vor Augen geführt: Demnach werden Gletscher massiv schmelzen und der Meeresspiegel bis Ende des Jahrhunderts um 43 bis 84 Zentimeter steigen. Dadurch würden Regionen unbewohnbar, wo heute Hunderte Millionen Menschen leben. Das könnte eine Flüchtlingskrise bisher ungeahnten Ausmaßes auslösen. Der diesjährige Sommer war einer der wärmsten und trockensten der Messgeschichte. Die Häufung überdurchschnittlich heißer Monate nahm in jüngerer Vergangenheit signifikant zu. Die EU will keine rauchenden Schlote mehr sehen und setzt stark auf Nachhaltigkeit. DIE TAGE IN ÖSTERREICH WERDEN EINDEUTIG HEISSER Abweichung vom Mittel Quelle:ZAMG 4°C 3°C 2°C 1°C 0°C -1°C -2°C -3°C 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000 1760 2020 31-jähriger Gauß‘sch gefilterterTrend Maximum +3.9 °C (2003),Minimum -2.2 °C (1785)
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