GELD-Magazin, September 2019
AKTIEN | Deutschland 60 | GELD-MAGAZIN – SEPTEMBER 2019 J eder Boom hat ein Ende. Doch dass die deutsche Industrie derart heftig den Rückwärtsgang einlegt, kommt dann doch überraschend. Im Juni ging die Industrieproduktion um 1,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat zurück. Im gesamten produzierenden Gewerbe, zu dem auch die Baubranche und die Energieversorger gehören, lag das Minus bei 1,5 Prozent. Das klingt moderat, ist aber dreimal so hoch, wie Analysten erwartet hatten. Gegenüber dem Vorjahresmonat verringerte sich die Produktion um 5,2 Prozent. Ein derart starkes Minus gab es zuletzt im Novem- ber 2009, als die Wirtschaftsleistung in- folge der globalen Finanzkrise eingebro- chen war. Im ersten Quartal schrumpfte die deutsche Wirtschaft schon um 0,1 Prozent, und auch das zweite Quartal verheißt nichts Gutes. Es sieht so aus, als ob sich Deutschland in einer tech- nischen Rezession befindet, das bedeutet zwei Minusquartale hintereinander. Zu- dem sank der Ifo-Geschäftsklimaindex zum fünften Mal in Folge. Der Ausblick ist so schlecht wie seit zehn Jahren nicht mehr. Der Einkaufs- managerindex von IHS Markit ist zuletzt für die Industrie zwar auf 43,6 Punkte gestiegen – doch erst ab Werten von 50 signalisiert das Barometer ein Wachs- tum. Während die Lage bei Dienstleis- tungsunternehmen noch relativ gut ist, befindet sich das verarbeitende Ge- werbe auf Schrumpfkurs. In dem geo- politisch riskanten Umfeld warten die Unternehmen weltweit lieber ab, Inve- stitionen werden zurückgestellt, Lager- bestände abgebaut. Entsprechend mä- ßig sehen die Schätzungen für den DAX aus. Die Analysten prognostizieren für die Hälfte der 30 Konzerne im laufenden Jahr einen sinkenden operativen Ge- winn, im DAX-Durchschnitt sagen sie ei- nen Rückgang um fast neun Prozent vo- raus. Der Umsatz dagegen soll immerhin um knapp drei Prozent zulegen. Diese Schwäche hat sich bereits an- gedeutet: Der operative Gewinn der DAX- Konzerne war im zweiten Quartal um 30 Prozent eingebrochen, so eine Analy- se der Beratungsgesellschaft EY. Nur elf Konzerne konnten höhere Gewinne als im Vorjahreszeitraum verzeichnen. Der Gesamtumsatz – ohne Banken – stieg dagegen um 4,5 Prozent auf knapp 354 Milliarden Euro. Die Folgen der schwä- chelnden Autokonjunktur machen sich bereits in angrenzenden Branchen wie dem Maschinenbau und der chemischen Industrie bemerkbar. KONSUMSTÜTZE Die Metall- und Elektroindustrie rechnet inzwischen für dieses Jahr mit einem Rückgang der Produktion um zwölf Prozent. Deutschland bleibt noch eine Wirtschaft mit zwei Geschwindig- keiten, wobei das Wachstum der Dienst- leister die anhaltende Schwäche der In- dustrie kompensiert. Auch stützt der pri- vate Konsum die deutsche Konjunktur, doch die ersten schlechten Nachrichten vom Arbeitsmarkt sind bereits eingetrof- fen. Werden Stellen abgebaut, leidet das Verbrauchervertrauen. Einer der Profiteure in diesem Szena rio ist der Online-Händler Zalando, der den größten Teil seines Geschäfts in Deutschland macht. Im zweiten Quar- tal stieg die Zahl der Bestellungen auf ein Rekordniveau. Auch Haushaltsartikel oder Nahrungsmittel werden unabhängig von der Wirtschaftslage gebraucht. Das gilt beispielsweise für den Nivea-Konzern Beiersdorf. Die Hamburger sind interna- tional breit aufgestellt und können des- halb regionale Schwankungen gut auf- fangen. Auch der Düftehersteller Sym rise ist ein interessanter defensiver Titel. DAIMLER: PROGNOSE WURDE DREIMAL GESENKT Die jüngste Quartalsbilanz des Pre- mium-Autobauers Daimler wies – bela- stet durch Rückstellungen für den Die- Die hohen wirtschaftlichen Risiken zeigen nun auch für den deutschen Aktienmarkt Folgen – der DAX ist kräftig gesunken. Die Einkaufsmanagerindizes befinden sich im freien Fall und die Auftragseingänge in Schlüsselbranchen wie Maschinenbau oder Chemie gehen deutlich zurück. Wolfgang Regner Flaue Wirtschaftsdaten Der Deutsche Aktienindex (DAX) konnte sich – nachdem er seine Unterstützungszo- ne zwischen 11.800 und 12.000 Punkten nach unten durchbrochen hatte, aufgrund des neune Brexit-Gesetzes wieder rela- tiv rasch erholen. Nun ist über 12.000 Punkten eine volatile Seitwärtsphase zu erwarten, wobei das Risiko eher nach unten gerichtet ist. Daran dürfte auch die aktuell laufende Zwischenerholung nichts ändern. DAX-INDEX | Volatil seitwärts
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