GELD-Magazin, September 2019
Die Welt der ETFs im Wandel W ährend sich das Jahr 2019 hin- sichtlich der Mittelzuflüsse für die europäische Fondsindustrie im Allgemeinen als ein eher durchwach- senes Jahr darstellt, können sich die Anbieter von börsengehandelten Index- fonds (ETFs) auch in diesem Jahr wieder über deutliche Mittelzuflüsse freuen. Auch wenn die ETF-Industrie nicht vor einem neuen Rekordjahr steht, können die Anbieter von börsengehandelten Indexfonds mit dem derzeitigen Umfeld zufrieden sein, schließlich hatten sie auch in den Monaten, in denen die europäische Fondsindustrie ins- gesamt Mittelabflüsse hinnehmen musste, weitere Mittelzuflüsse. Aber ist bei den ETF- Anbietern wirklich alles eitel Sonnenschein? ETF-ANBIETER SUCHEN AUFGRUND VON KOSTENDRUCK NACH ZUSATZERTRÄGEN Auf Basis der Zahlen zum Branchenwachs- tum muss diese Frage sicherlich mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden, denn die europäische ETF-Industrie wächst auf allen Ebenen. Doch ein Blick in die Details offen- bart, dass es selbst in dieser Wachstums- industrie Licht und Schatten gibt. So wird der Druck auf die Anbieter, aufgrund von regula- torischen Anforderungen, immer größer, wo- durch sich die Kostenseite der Anbieter er- höht. Gleichzeitig setzen viele Anbieter, ge- rade bei der Vermarktung von Produkten, die sich auf Standardindizes beziehen, der- zeit auf Kostensenkungen, was deren Einnah- meseite schrumpfen lässt. Diese Doppelbe- lastung könnte dazu führen, dass einige der Anbieter nicht profitabel arbeiten können und sich neue Einnahmequellen suchen müssen. Neben der Wertpapierleihe sind sicher- lich die sogenannten Smart Beta-ETFs eine dieser zusätzlichen Einnahmequellen. Denn aufgrund des höheren Aufwands bei der Portfoliokonstruktion und der daraus resultie- renden unterschiedlichen Bauweise der ein- zelnen Indizes sind die jeweiligen ETFs nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Dies ermöglicht den Anbietern, höhere Gebühren verlangen zu können, da der Wettbewerb in- nerhalb der einzelnen Strategien niedriger ist. SMART BETA-STRATEGIEN ALS ZUKÜNFTIGE WACHSTUMSTREIBER Meiner Ansicht nach wird der Markt für ETFs, die sich nicht an der Zusammensetzung von Standardindizes orientieren, einer der zukünf- tigen Wachstumstreiber für die ETF-Industrie sein, da die in diesem Segment entwickelten Produkte zum Teil sehr unterschiedliche Stra- tegien aufweisen und hoch innovativ sind. Zudem wird der schon heute abzusehende Trend zu ETFs, deren Portfolios aktiv verwal- tet werden, diesem Segment einen weiteren Schub geben. Zwar weigert sich die Mehrheit der aktiven Manager noch, die Transparenz- anforderungen der Aufsichtsbehörden hin- sichtlich einer täglich zu veröffentlichenden Portfoliozusammensetzung zu erfüllen, aber dieser Schritt wird meiner Ansicht nach nur noch eine Frage der Zeit sein. Insbesonde- re dann, wenn die von JPMorgan im Oktober letzten Jahres lancierten ETFs – v.a. Managed Futures und Long-Short-Equity – in diesem Segment erfolgreich sein sollten. STEIGENDE ANZAHL VON ANBIETERN WIRD DEN WETTBEWERB VERSCHÄRFEN Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Welt für die ETF-Industrie in Ordnung ist, auch wenn einige der Anbieter, aufgrund des gestiegenen Margendrucks, Probleme mit ihrer Profitabilität bekommen dürften. Zudem dürfte die Welt der ETFs künftig noch vielfäl- tiger werden, denn wenn die Anbieter von ak- tiv gemanagten Produkten den Vertriebsweg ETF für sich entdecken, sollte sowohl die An- zahl der Anbieter wie auch die Anzahl der ver- fügbaren Produkte noch einmal deutlich stei- gen. Im Laufe der Zeit wird sich aber auch in diesem Segment der Wettbewerb verschär- fen, was in der Folge zu einer Veränderung der Anbieterlandschaft führen wird. Ebenso be- steht die Möglichkeit, dass sich neue Anbie- ter ihren Weg in den europäischen ETF-Markt durch die Übernahme eines bestehenden An- bieters erkaufen. Somit ist davon auszuge- hen, dass der ETF-Markt auch zukünftig eines der spannendsten Segmente in der europäi- schen Fondsindustrie bleiben wird. www.lipperleaders.com Fürden InhaltderKolumne istalleinderVerfasserverantwortlich.Der Inhaltgibt ausschließlichdieMeinungdesAutorswieder,nichtdievonRefinitiv. | LIPPER RESEARCH | SEPTEMBER 2019 – GELD-MAGAZIN | 53 KOLUMNE Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA
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