GELD-Magazin, September 2019

ist unser größerer Feind, Jay Powell oder Vorsitzender Xi?“, twitterte Trump verär- gert erst Ende August. ZENTRALBANKEN ALS ZAUBER- LEHRLINGE Diese Staffelübergabe an die Zentral- banken führte in den vergangenen Jah- ren zu einer massiven Ausweitung ih- rer Kompetenzen. Zinssenkungen und Anleihekaufprogramme greifen bereits so stark in den Markt ein, dass jegli- ches Zurückschrauben zu massiven Ver- werfungen führen würde. Auf der ande- ren Seite geht den Notenbanken jedoch langsam das Pulver aus. Wir haben ein Maß erreicht, bei dem die ‚konventio- nellen‘ Mittel der Zentralbanken, auf eine neuerliche Krise zu reagieren, bei- nahe erschöpft sind. „Wenn überhaupt noch Munition übrig ist, dann sehr we- nig“, betonte Philipp Hildebrand, ehema- liger Präsident der Schweizerischen Na- tionalbank, kürzlich in einem Interview mit Bloomberg. Die EZB, die Schwedische Reichs- bank, die Bank of Japan und die Schwei- zerische Nationalbank – alle haben ihre Einlagezinsen bereits in den negativen Bereich gesenkt. Etwas Luft besteht zwar auch bei Minuszinsen noch, es lauert je- doch die Gefahr, dass es bei dem Ver- such, die Kosten auf die Kunden überzu- wälzen – sprich Negativzinsen bei Spar- guthaben einzuheben –, im schlimm- sten Fall zu einem Bank-Run kommen könnte. Ähnlich sieht es auch mit den Wertpapierkäufen der EZB aus, die be- reits massiv zur Verengung der Kapital- märkte beigetragen haben. Die Bank of Japan besitzt schon jetzt die Hälfte, die EZB ein Drittel der von den jeweiligen Regierungen aufgelegten Anleihen! VERFÜHRERISCHE LANGLÄUFER Diese Entwicklung ist wohl einer der Hauptgründe für die exorbitante Rally an den Anleihemärkten, die dazu führte, dass weltweit inzwischen mehr als ein Viertel aller Staats- und Unternehmens- anleihen eine negative Rendite aufwei- sen (ein Volumen von 16 Billionen Dol- lar). Wie am Beispiel des eingangs be- schriebenen heimischen Jahrhundert- bonds ersichtlich ist, erweisen sich auf der Suche nach sicheren Gewinnen und aus Angst vor weiter fallenden Zinsen vor allem Langläufer mit ihren stark zins- inversen Preisbewegungen als absolute Lieblinge der Investoren. In einer solchen Phase, in der viele Anleger mit weiteren Zinssenkungen rechnen, kommt es so zu dem eigenwil- ligen Phänomen der „Yield-Curve Inver- sion“ (siehe Grafik unten). Das bedeu- tet, dass Anleihen mit längerer Laufzeit plötzlich niedrigere Renditen aufweisen als kurze. Diese widersprüchliche Lo- gik, die sich im vergangenen Monat in mehreren Ländern abzeichnete, gipfelte im Auseinanderdriften der Renditen der Zehn- und Zwei-Jahres-Treasury Bonds des wichtigsten Anleihenmarktes der Welt, den USA. Zum ersten Mal seit 2007 lagen in der letzten Augustwoche die Renditen auf Zwei-Jahres-Anleihen um 5,3 Basispunkte höher als auf das zehn- jährige Pendant. Diese mit Argusaugen verfolgte Entwicklung ist einer der wich- tigsten Rezessions-Indikatoren über- haupt, der in den vergangenen 50 Jah- ren vor jeder Rezession beobachtet wur- de und nur ein einziges Mal falsch lag. BLASE AUF DEN BONDMÄRKTEN Das Signal an die Zentralbanken ist eindeutig – der Markt erwartet weitere Zinssenkungen! Sollte das jetzt nicht passieren, dann dürften sich die Kurse auf den Anleihemärkten in Antizipation späterer Lockerungen noch viel weiter aufblähen als es ohnehin der Fall wäre. Eine verfahrene Situation, denn die Rückzahlung bei Laufzeitende erfolgt im- mer zu 100 Prozent des Par-Werts. Je hö- her die Kurse, desto tiefer der bevorste- hende Absturz und desto schwieriger wird es, den nächst risikofreudigeren Käufer zu finden – ein Paradebeispiel der Greater Fool-Theorie. Sollten sich die unter Druck geratenen Zentralbanken daher überhaupt zu einer unwahrschein- lichen Straffung der Geldpolitik ent- schließen, würde das mit großer Wahr- scheinlichkeit zum Platzen der Blase und BRENNPUNKT | Geldpolitik in der Krise 10 | GELD-MAGAZIN – SEPTEMBER 2019 DIE US-ZINSKURVE: SEIT 2007 ERSTMALS WIEDER INVERS Die „Yield-Curve Inversion“ ist einer der treffsichersten Rezessionsindikatoren, der in den ver- gangenen 50 Jahren vor jedem Abschwung zu beobachten war. Nun ist es wieder passiert! „ Wo ist die Fed? “ Donald Trump (per Twitter) 1985 1990 1995 2005 2010 1980 2015 300 200 100 -5,3 -100 -200 -300 2000

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