GELD-Magazin, Mai 2019

Frontier Markets: Renditekick oder Risikoquelle? B ei ihrer Suche nach Rendite setzen Anleger auf eine breite Streuung ihres Kapitals. Dabei investieren sie immer öfter auch in die sogenann- ten Frontier Markets. Dabei handelt es sich um Anlagemärkte, die noch nicht den Status eines Schwellenlandes (engl. Emerging Market) erreicht haben, um von den teilweise sehr dynamischen Ent- wicklungen in diesen Märkten profitieren zu können. Welche Chancen und Risiken bieten Investitionen in diese Märkte? Die Frontier Markets zeichnen sich dadurch aus, dass sie in der Regel eine junge Bevölke- rung und ein dynamisches Wirtschaftswachs- tum haben. Zudem stehen diese Länder kurz vor dem Erreichen des Status eines Schwel- lenlandes. Auch wenn der Status auf den ers- ten Blick nicht so wichtig erscheint, ist er für Investoren doch ein wichtiges Kriterium. Denn erst wenn ein Land diesen Status erreicht, taucht es in der Regel auf der Landkarte der meisten Investoren auf. Dies führt dann, an- getrieben von der Aufnahme in die entspre- chenden Anleihe- und Aktienindizes, zu ho- hen Mittelzuflüssen, was in der Folge zu ent- sprechenden Kurssteigerungen führen sollte. Aus dieser Betrachtung heraus macht es für Anleger mit einem breit aufgestellten Port- folio durchaus Sinn, auch in Frontier Markets zu investieren, um die Diversifikation in ihrem Portfolio weiter zu erhöhen und von dem dy- namischen Wirtschaftswachstum und den möglichen Kursgewinnen zu profitieren. RISIKO 1: FRAGLICHE INDEXAUFNAHME Allerdings ist die zeitnahe Aufnahme der je- weiligen Länder in einen Index nicht garan- tiert, da diese auch von anderen Faktoren als dem Länderstatus abhängt. Somit kann es Investoren passieren, dass die erwarteten Kursgewinne, aufgrund der höheren Nachfra- ge nach den entsprechenden Wertpapieren, erst deutlich später eintreten als erwartet. Zu- dem sind diese Kursgewinne nicht garantiert und können auch ganz ausbleiben. negative Folgen für den Wert einer Investition haben wie eine Abwertung der lokalen Wäh- rung. Hinzu kommt, dass viele Aktienmärkte in den Frontier Markets von einigen wenigen Titeln dominiert werden, was zu einer entspre- chend hohen Konzentration dieser Werte und damit einem Verlust an Diversifikation in den entsprechenden Indizes führt. Zwar haben die meisten Indexanbieter Beschränkungen hin- sichtlich der Maximalgewichtung einzelner Ti- tel eingeführt, dies führt aber gerade in den Frontier Markets dazu, dass sich die Liquidi- tät der Indizes verringert. KONSEQUENZ FÜR DAS PORTFOLIO Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Investitionen in Frontier Markets durch- aus das Potenzial für überdurchschnittliche Renditen haben und die Diversifikation eines Portfolios erhöhen können. Gleichzeitig ha- ben diese Märkte und die dazugehörigen Ak- tien und Anleihen ein erhöhtes Risikopoten- zial. Aufgrund der beschriebenen Unsicher- heiten erscheinen Investitionen in Frontier Markets nur als Beimischung in einem breit diversifizierten Portfolio geeignet zu sein. Der Anteil dieser Beimischung muss dabei an die Risikotragfähigkeit des Investors angepasst sein und darf das Gesamtrisikobudget des Portfolios nicht verändern. Dies wirft die Fra- ge auf, ob es für Investoren, die über ein kon- servatives oder moderates Risikobudget ver- fügen, überhaupt Sinn macht, in diese Märkte zu investieren, da dies nur zu Lasten anderer risikobehafteter Anlageklassen, wie zum Bei- spiel Aktien aus den Industrienationen, erfol- gen kann. Aufgrund der unterschiedlichen Ri- sikoprofile würde eine Investition in Frontier Markets bei diesen Investoren zu einer Re- duzierung der Aktienquote führen, was auf- grund der daraus resultierenden niedrigeren Ertragserwartungen aus meiner Sicht unge- eignet erscheint. www.lipperleaders.com Fürden InhaltderKolumne istalleinderVerfasserverantwortlich.Der Inhaltgibt ausschließlichdieMeinungdesAutorswieder,nichtdievonThomsonReuters. | LIPPER RESEARCH | Detlef Glow, Head of Lipper Research EMEA RISIKO 2: LIQUIDITÄT UND TRANSPARENZ Ein weiteres Risiko, das bei Investitionen in Frontier Markets oft übersehen wird, ist die niedrige Liquidität sowie fehlendeTransparenz der Märkte. Eine im Vergleich zu den Schwel- lenländern oder gar den Industrienationen niedrigere Liquidität der einzelnen Titel mag beim Einstieg in einen Markt kein Hindernis darstellen, doch wenn man Positionen im Fal- le eines Falles nicht auflösen kann, können die Folgen für das Portfolio dramatisch sein. Auch die eingeschränkte Transparenz, auf- grund von fehlenden Unternehmensanalysen etc., erscheint auf den ersten Blick nicht gra- vierend zu sein, legen doch viele Indexanbie- ter Mindeststandards hinsichtlich der Bilanz- legung und anderer Reportingpflichten fest, die ein Unternehmen erfüllen muss, bevor es in einen Index des Anbieters aufgenommen wird. Bei einer genaueren Betrachtung stellt man aber fest, dass diese Mindeststandards genau das sind, was ihr Name erwarten lässt, ein Minimum an Reportingpflichten. Um das Risiko eines Unternehmens einschätzen zu können, benötigt ein Investor aber deutlich mehr Informationen. RISIKO 3: POLITISCHE UNSICHERHEITEN Ebenso gilt es bei Investitionen in Frontier Markets, die politischen Risiken richtig ein- zuschätzen, denn ein möglicher Wechsel der Regierung oder der Regularien kann genauso 34 | GELD-MAGAZIN – MAI 2019 KOLUMNE

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