GELD-Magazin, Mai 2019

A usgerechnet das erzkonserva- tive Saudi-Arabien erlebte in den letzten 18 Monaten die ra- dikalsten Wirtschafts- und Kulturre- formen in seiner Geschichte. Hinter- grund ist das „Saudi Vision 2030“ be- zeichnete Reformprogramm, das mittels Privatisierungen staatliche Vermögens- werte freisetzen soll. Die neue, reform- freudige Regierung strebt nach einer stärkeren Diversifikation der Wirtschaft, um sich von der Abhängigkeit von Rohöl zu lösen. Saudische Versicherungsun- ternehmen und Banken dürften die Nutz- nießer eines solchen Schritts sein. Damit geht ein signifikanter Kulturwandel ein- her. So erhalten die Frauen sukzessive mehr Rechte. Seit dem tiefen Ölpreisein- bruch von 2015 konnte das saudische Haushaltsdefizit auf 5,0 Prozent des BIP von über 15 Prozent gesenkt werden. Die Staatsverschuldung ist gering. Die Fol- gen des Abzugs von 1,5 Millionen aus- ländischen Arbeitnehmern zogen Kon- sumgüterunternehmen in Mitleiden- schaft. Dieser „Saudisierungsprozess“ führte aber auch zu riesigen Marktanteil- zuwächsen der jeweils stärksten Unter- nehmen in verschiedenen Sektoren. Ge- sundheitsunternehmen profitieren vom Push seitens der Regierung, mehr Pri- vatanbieter zuzulassen. Unterhaltungs- und Freizeitunternehmen genießen weit mehr kulturelle Freiräume als früher. Generell für die Region MENA spricht der positive demografische Faktor (junge Be- völkerung), der Aufstieg des Mittel- standes, größeres Vertrauen der Unter- nehmen, was das Volumen der Bankkre- dite nach der Stagnation schneller zule- gen lässt. Dazu kommt ein zweistelliges Gewinnwachstum. Habib Saikaly, Port- folio Manager JPM Middle East A (ISIN LU0083573666), ist für Saudi-Arabien positiv gestimmt. Die Gründe hierfür lie- gen in positiven demografischen Fak- toren, laufenden sozialen und wirtschaft- lichen Reformen und in der relativ hohen Liquidität des Marktes. BESCHLEUNIGTE REFORMPOLITIK „An der saudischen Börse (,Tada- wul‘) notieren viele privat geführte Unter- nehmen, die mittelfristig ein attraktives Wachstum generieren sollten. Auf kürze- re Sicht sind wir jedoch stärker bei den größeren Unternehmen gewichtet, be- sonders bei regierungsnahen bzw. staat- lich kontrollierten Firmen, da wir stär- keres Kurspotenzial wegen der bevor- stehenden Aufnahme saudischer Unter- nehmen in die relevanten Emerging Mar- ket Indizes erwarten“, erklärt Saikaly. Er sieht auch einiges an Wachstumsstärke in Kuwait (bevorstehendes Index-Upgra- ding seitens MSCI), als auch aufgrund fundamentaler Faktoren. Weiters ist er in Ägypten, Marokko und im Libanon inve- stiert. In der gesamten GCC-Region, den Mitgliedern des Gulf Co-Operation Coun- cils (Golfkooperationsrat), hat sich eine Reformbewegung etabliert, wobei diese vor allem Wirtschaftssektoren betrifft. Saudische Reformen ermöglichen vielen Frauen den Zugang zum Arbeitsmarkt und die strikte Geschlechtertrennung wird langsam, aber sicher zurückge- führt. „Die größten Opportunitäten sind MÄRKTE & FONDS | Frontier Markets 32 | GELD-MAGAZIN – MAI 2019 Die gemeinhin mit der Abkürzung MENA (Middle East & Northern Africa) bezeichnete Region bietet risiko- bewussten Anlegern attraktive Investmentchancen. Erstaunliche Reformprozesse, die Aufnahme in MSCI- Indizes sowie Kapitalzuflüsse aus dem Ausland unterstützen den positiven Trend. Wolfgang Regner Chancen im Nahen Osten und in Afrika AKTIVE UND PASSIVE ZUFLÜSSE IN FRONTIER MARKETS Aufgrund der Aufnahme des saudischen Aktienmarktes in den MSCI Emerging Markets Index dürften hohe Kapitalzuflüsse unterinvestierter Anleger zu Kursgewinnen führen. *DiePrognosenbasierenaufDurchschnittswertenausAnalysten-Reports vonGoldmanSachs„MöglicheAufnahmen indenMSCIEmergingMarket Index:Waskannmanam20.Junierwarten “ und JPMorgan„DasUpgrade vonSaudi-Arabien zumEmergingMarket“. Quelle:CitiBank,12.01.2018 Mrd.US-Dollar Passive Nettomittelzuflüsse Aktive Nettomittelzuflüsse* 60 50 40 30 20 10 0 03/19 04/19 05/19 06/19 07/19 08/19 09/19 ... 03/20 0,4 0,6 1,5 3,6 3,0 0,9 0,9 Gesamt CREDITS:Vlada Z/stock.adobe.com

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