GELD-Magazin, April 2019

creditS: ivanashoots 32 | GELD-MAGAZIN – April 2019 „In den USA steht man schnell wieder auf.“ auf die man in einem soliden Portfolio nicht verzichten sollte. Ich denke hier etwa an Marktführer aus den Bereichen Industrie und Konsumgüter. Aber in den Vereinigten Staaten finden wir die innovativeren Unter- nehmen. Nur ein Beispiel: Rund 25 Prozent der Börsenkapitalisierung fallen über dem „Großen Teich“ auf Technologie-Werte. In Eu- ropa halten wir hingegen bei einem Anteil von circa fünf Prozent. Warum gibt es kein europäisches Ama- zon, Google oder Facebook? Das hat mehrere Ursachen, so sehen wir in den USA eine gute Kombination von Wis- senschaft, Lehre und Praxis. Auch ist die Wagniskapitalfinanzierung in den USA stär- ker ausgeprägt, die auf ein sehr kreatives Umfeld trifft. Es gibt natürlich auch in Europa mehrere Regionen, in denen eine Start-Up- Szene entsteht, dennoch ist die Kultur in den Vereinigten Staaten eine andere: Dort gilt es als höchster Status nicht Geschäftsführer sondern Founder zu sein – also Firmengrün- der. Das zieht wiederum viele kreative Köpfe an. Und leider arbeitet man in Europa trotz EU noch immer sehr fragmentiert, abgese- hen davon, dass die Aktienkultur nicht so stark ausgeprägt ist wie in Amerika. Fehlt es Europa auch an Mut? Tatsächlich ist in Europa das unternehme- rische Scheitern noch immer mit einem gewissen Makel behaftet. In den Vereinigten Staaten herrscht hingegen das Motto vor: Nach einem möglichen Fehlschlag stehe ich schnell wieder auf. Wechseln wir von Europa und den USA zu den Emerging Markets, wie sind Sie hier positioniert? Im vergangenen Jahr war ich gegenüber den Schwellenländern eher negativ einge- stellt, sowohl was Aktien als auch Anleihen betrifft. Heuer sieht meine Einschätzung schon positiver aus, was folgende Erklärung hat. Steigende US-Zinsen und ein stärkerer Dollar sind gemeinhin schlecht für den Ka- pitalmarkt der Emerging Markets. Sie haben hohe Schulden im Dollar, weshalb ein An- stieg beim Greenback und bei US-Zinsen höhere Finanzierungskosten mit sich zieht. Die amerikanischen Leitzinserhöhungen scheinen jetzt aber vom Tisch zu sein, und beim Dollar sehe ich zwar keine bearishe aber eine relativ stabile Entwicklung. Über welche Länder sollte man Emerging Markets spielen? Man kann dieses Thema sozusagen ein­ engen. Natürlich gibt es Schwergewichte wie Indien, Brasilien oder Russland, aber der wirkliche „1000 Pfund-Gorilla“ heißt Chi- na. Es ist also besser sich auf das Reich der Mitte zu konzentrieren und nicht zu sehr auf kleine und mittlere Emerging Markets. Gibt es auch Länder, die Sie Anlegern nicht ans Herz legen würden? Hierzu braucht man nicht in weite Ferne zu blicken. In Italien finden wir eine Kombina- tion aus schlechten Nachrichten: Das Land weist das schwächste Wachstum und die höchste Staatsverschuldung in Europa auf. Darüber hinaus will Italien eine Begrenzung des Budgetdefizits nicht akzeptieren und hat teure Pläne auf der Agenda. Es ist ja nicht auszuschließen, dass ganz Europa in wirtschaftlich schwierigeres Fahrwasser ge- raten könnte – dann wäre Italien innerhalb der EU am stärksten negativ betroffen und auch ein Vertrauensverlust der Investoren zu befürchten. Anzumerken ist weiters, dass die italienischen Banken sehr stark in itali- enische Staatsanleihen investiert sind, das kann bei Problemen zu einem Schneeball- effekt führen. Von Italien möchte ich derzeit die Finger lassen. Im Gegensatz zu Gold, hier haben Sie sich zuletzt positiv geäußert ... Das Edelmetall eignet sich gut zur Di- versifikation und als Versicherung gegen geldpolitische und andere Risiken. Im DWS Concept Kaldemorgen bilden rund sieben Prozent des Portfolios physisches Gold in Form von goldunterlegten Zertifikaten. Der DWS Concept Kaldemorgen managt über sieben Milliarden Euro, bereitet das manchmal schlaflose Nächte? Wenn ich einmal schlecht schlafe, liegt das an der Sorge, dass man mit einer Entschei- dung vielleicht daneben liegt. Das gilt für sieben Milliarden oder 10.000 Euro. www.dws.de „China ist der 1000 Pfund-Gorilla“ „ Die Summe von über sIeben Milliarden Euro un­ der Management berei­ tet mir keine schlaflosen Nächte. “ Klaus Kaldemorgen interview | Klaus Kaldemorgen, DWS

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