GELD-Magazin, April 2019

D ie weltweite Legalisierung von Cannabis für den medizini­ schen, privaten und industriel­ len Gebrauch schien vor wenigen Jahren selbst für nüchterne Beobachter noch wie ein „pipe dream“. Plötzlich schwappt die Legalisierungswelle aber selbst auf Länder über, deren gesetzlicher Umgang mit Rauschmitteln bisher alles andere als liberal war. Der Grund dafür liegt wohl weniger in neuen Erkenntnissen über Gesund­ heitsgefährdung und medizinischen Nut­ zen, als in ökonomischen Motiven. Als Kanada im vergangenen Jahr als erstes G7-Mitglied und weltweit zweites Land nach Uruguay den privaten Konsum und öffentlichen Verkauf von Marihuana­ produkten legalisierte, wurde die verru­ fene Branche auf einen Schlag salonfä­ hig. Auch in den USA eröffnete sich 2018 ein riesiger Markt. Neben Kalifornien, wo die Legalisierung Anfang letzten Jahres gesetzlich umgesetzt wurde, stimmten auch Michigan und Vermont, als neun­ ter und zehnter Teilstaat, für die gänz­ liche Freigabe von Cannabisprodukten zum Freizeitgebrauch. Zusätzlich stieg die Zahl der Teilstaaten, die Marihuana für medizinische Zwecke erlauben, auf beachtliche 33 an. In Zahlen bedeutete dies für 2018 ein Marktvolumen von fast 12 Milliarden Dollar und Investments von zehn Milliarden allein im nordameri­ kanischen Raum. Wiederbelebung einer Industrie Setzen sich die Entwicklungen in diesem Tempo fort, gehen viele Markt­ beobachter in den nächsten Jahren von einem globalen Wachstum des Medizinal­ cannabis und Freizeitkonsummarktes im dreistelligen Milliardenbereich aus. Doch auch die industrielle Nutzung von Hanf­ fasern und Samen, die seit der Kriminali­ sierung der Pflanze fast gänzlich zum Er­ liegen kam, birgt zusätzlich ein enormes Marktpotenzial, das mit der derzeitigen Legalisierung langsam gehoben wird. Wie das aussieht, zeigt die im De­ zember von US-Präsident Trump unter­ zeichnete Farm Bill, die die US-Agrarpo­ litik für die nächsten fünf Jahre festlegt. Erstmals seit dem internationelen Verbot vor mehr als sechzig Jahren wurde Hanf nun auf föderaler Ebene als Agrarpflan­ ze definiert. Eine riesige Erleichterung für den amerikanischen Agrarsektor, der durch den anhaltenden Handelskonflikt mit China stark unter Druck geraten ist. Auf einen Schlag haben US-Bauern da­ mit Zugang zu einem Markt, der in den nächsten sieben Jahren auf bis zu elf Milliarden Dollar geschätzt wird. Gleich­ zeitig mit der industriellen Nutzung wur­ de auch die Produktion von Cannabidiol (CBD), ein in der Gesundheits- und Well­ nessbranche immer beliebteres, jedoch nicht berauschendes Cannabinoid, ge­ creditS: nik0.0kin/stock.adobe.com Brennpunkt | Cannabis 18 | GELD-MAGAZIN – April 2019 Dutzende US-Bundesstaaten und Kanada machten es vor, doch nicht nur Europa zieht jetzt nach. Immer mehr Länder rund um den Globus überdenken ihre Politik im Umgang mit Hanf und seinen Erzeugnissen, um am wortwörtlich aufblühenden Milliardenmarkt mitzumischen. Moritz Schuh Grüner Turbo für angeschlagene Wirtschaften

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