GELD-Magazin, April 2019
teren Geldes und der Entstehung immer größerer Blasen. Ist es jedoch, wie zuvor beschrieben, die Knappheit eines Gutes, das seine monetäre Rolle definiert, so stellt sich intuitiv die Frage, warum der Markt nicht regulierend eingreift und von selbst zu einer Art neuen Goldstan dard zurückkehrt? Ganz einfach: weil man ihn nicht lässt! Wirft man einen Blick auf die Ent wicklung des Goldpreises, verglichen mit der Ausweitung der Schulden bzw. Geldmenge, so sticht seit Mitte 2012 eine diametrale Entwicklung ins Auge. Noch während durch Quantitative Easing die monetäre Basis ausgeweitet wurde, machte der Goldkurs kehrt und stürzte ab, obwohl vieles für eine größere Nach frage sprechen würde. Immer wieder se hen Experten seither widersprüchliche Preisentwicklungen am Goldmarkt. An ders als zu Zeiten des „Londoner Gold pools“ bestimmt nämlich nicht mehr der physische Goldhandel den Preis, sondern der unbegrenzte Handel am Derivate- Markt. Innerhalb von nur wenigen Tagen werden dort mehr Gold-Futures gehan delt, als alle Goldproduzenten in einem ganzen Jahr fördern können. Spoofing, also das Platzieren von Fake-Orders und riesige ungedeckte Leerverkäufe, die über die Jahre immer wieder ohne er sichtlichen Grund auftauchen, mehren mittlerweile nicht mehr nur bei Konspi ranten den Verdacht auf gezielte Mani pulation. Wird der Goldpreis wie zuvor in der Geschichte künstlich tiefgehalten, um jegliches Interesse an der Alternati ve zum Fiatgeldsystem und einen einher gehenden Angriff auf die Dollardominanz im Keim zu ersticken? Zentralbanken kaufen so viel Gold wie noch nie zuvor Der Vorwurf der Goldpreis-Manipula tion sieht auf den ersten Blick nach Ver schwörungstheorie aus. Bedenkt man je doch, dass sehr bewusste und geheime Kommunikation zu den Hauptinstru menten der Zentralbanken zählt, schei nen solch versteckte Maßnahmen nicht mehr ganz so unwahrscheinlich. Darauf, dass im Hintergrund etwas brodelt, wei sen die rekordverdächtigen Goldkäufe von Zentralbanken rund um den Glo bus hin. Noch nie seit der Schließung des „Goldfensters“ 1971 haben die Noten banken so viel Gold gehortet wie heute. Und auch das Volumen der Zukäufe im vergangenen Jahr war so hoch wie zu letzt 1967 in Zeiten des Goldstandards. Wie der kürzlich veröffentlichte Jahres bericht des World Gold Councils zeigte, wurden die nationalen Goldreserven im Jahr 2018 um 650 Tonnen aufgestockt – eine Steigerung um 74 Prozent, verg lichen mit dem Jahr 2017. Nicht die westlichen Länder, sondern aufstrebende Staaten, allen voran China und Russland, expandieren ihre Gold käufe in ungekannter Geschwindigkeit. Alleine auf das Konto der russischen Zentralbank ging fast die Hälfte der letzt jährigen Goldkäufe und auch in China gibt es keine Anzeichen, dass die Ein kaufstour bald zu Ende geht. Von De zember bis Februar erstand die PBOC zusätzlich mehr als 32 Tonnen frisches Gold und auch die Türkei, Kasachstan, Indien und Ungarn kurbelten ihre Gold käufe in letzter Zeit mächtig an. Der neu entfachte Goldhunger geht mit der fort schreitenden „Dedollarisierung“ einher, denn mit den Edelmetallkäufen reduzie ren die Nationalbanken Schritt für Schritt ihre Greenback-Positionen. Russland li quidierte vergangenes Jahr über 80 Pro zent seiner US-Staatsanleihen und sucht nun aktiv den Kontakt zu seinem chine sischen Verbündeten. Um den Handel zwischen den beiden Ländern zu erleich tern und sich aus der Abhängigkeit der US-Währung zu befreien, trat eine Reihe russischer Banken kürzlich dem China International Payment System (CIPS), auch bekannt als Chinas „SWIFT“, bei. Basel III als Wegbereiter für einen neuen Goldstandard? Eine weitere Entwicklung, die für eine Veränderung unseres Währungs systems sprechen könnte, ist die medial wenig beachtete Neuklassifizierung der Risikoeinschätzung von Gold in den Eigenkapitalvorschriften mit Basel III durch die Bank für Internationalen Zah lungsausgleich (BIZ). Sahen die Basel II- Beschlüsse noch vor, Gold mit einem 50 Prozent-Liquiditätsabschlag beim zu haltenden Liquiditätspuffer zu bilanzie ren, wird dieser mit Basel III auf 85 Pro zent erhöht und Gold in seiner Risiko einschätzung für Bankreserven damit Bargeld und Anleihen gleichgesetzt. Im Rahmen ihrer Eigenkapitalausstattung können Zentralbanken mit Basel III bis zu 20 Prozent Gold als Geld- bzw. De visenersatz halten und damit beispiels weise Dollar- oder Eurobestände erset zen. Auch Geschäftsbanken wird über die nationale Bankenpolitik damit ge stattet, Gold als Sicherungsmittel einzu setzen. Warum die jahrzehntelange Skepsis der BIZ gegenüber dem Edelmetall plötz lich abflaut, bleibt ungeklärt. Fest steht jedoch, dass damit die Nachfrage nach Gold weiter steigen wird. Ob nun neuer Goldstandard oder nur Reaktion auf Handelskrieg, Schuldenberge oder Geld politik – Gold wird auch in Zukunft seine zentrale Rolle im internationalen Geld system nicht so schnell verlieren. Brennpunkt | Gold und Zentralbanken 14 | GELD-MAGAZIN – April 2019 besonders Russland und china kauften viel Gold Im Wettlauf um die Goldreserven übernehmen China und Russland die Führung. 1.800 Ton- nen häuften ihre Zentralbanken seit 2014 an. Goldkäufe seit 2014 (inTonnen) Quelle:OMFIF 0 200 400 600 800 1.000 Russland China Kazakhstan Türkei Katar
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