GELD-Magazin, April 2019

D ie langfristige Wahrung finan­ zieller Werte wird in Zeiten un­ vorhersehbarer geopolitischer Konflikte, geldpolitischer Experimente und exorbitanter Schuldenstände zu einem schwierigen Unterfangen. Selbst klassische reale Werte wie Immobilien, vermeintlich stabile Währungen und Staatsanleihen garantieren in unserem engverflochtenen globalen Wirtschafts­ system keinen sicheren Hafen mehr. Historisch gesehen konnte Wertbe­ ständigkeit nur Gold aufgrund zweier einzigartiger Eigenschaften seit tausen­ den von Jahren erfüllen: Zum einen ist es wegen seiner chemischen Stabilität nahezu unzerstörbar und zum anderen lässt es sich nicht synthetisch produzie­ ren, sondern nur durch seltenes Golderz aus der Erdkruste gewinnen. Jegliches bisher in der Geschichte geförderte Gold – weltweit rund 193.500 Tonnen – ist da­ her auch heute noch vorhanden, wohin­ gegen der relative Angebotszuwachs sehr klein ist und durch rückläufige Förder­ mengen stetig weiter sinkt. In der Theorie bedeutet dies, dass die relative Kaufkraft von Gold in einer wachsenden Wirtschaft automatisch zunehmen muss. ideal für einen Werterhalt Auch wenn Gold in unserem heu­ tigen Fiatwährungssystem augenschein­ lich kaum eine Rolle mehr spielt, wird bei näherer geldtheoretischer Betrachtung schnell klar, dass es sich beim gelben Metall nicht nur um ein Relikt aus alten Zeiten handelt. Damit ein Objekt näm­ lich als Geld dienen kann, muss es die drei Funktionen Zahlungsmittel, Rech­ nungseinheit und Wertaufbewahrung er­ füllen. Das bedeutet, dass jede Form von Geld in Einheiten teilbar, ohne größeren Aufwand transferierbar und in seiner Ge­ samtmenge limitiert verfügbar seinmuss. Insbesondere die letzte Eigenschaft der Knappheit war immer entscheidend da­ für, welche Form von Geld sich in der his- torischen Konkurrenz unterschiedlicher Systeme durchsetzen konnte. Gold erfüllte diese Aufgaben in der Geschichte der Zahlungsmittel die meiste Zeit hinweg am besten. Mit der geogra­ fischen Ausweitung des Handels begann seine Bedeutung jedoch erstmals zu ero­ dieren. Mangelnde Teilbarkeit und Mo­ bilität führten dazu, dass bei Geschäfts­ abwicklungen zunehmend zu Buchgeld und gedeckten Schuldverschreibungen gewechselt wurde. Zentralbanken bün­ delten dabei die Goldreserven und be­ glichen den finalen Zahlungsausgleich zwischen Gläubigern und Schuldnern. Dieser Goldstandard funktionierte über Jahrzehnte hinweg hervorragend, bis er, während des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, temporär ausgesetzt wurde. Seit Bretton Woods: Dollar anstatt Gold Bei der internationalen Währungs­ konferenz in Bretton Woods 1944 ver­ ständigte man sich dann darauf, nicht mehr zum ursprünglichen Goldstandard zurückzukehren, sondern stattdessen ein Hybridsystem zu schaffen, bei dem der Dollar als Weltleitwährung im Zen­ trum stand. Die USA als damals größte Wirtschaftsnation und ihren riesigen Goldreserven garantierten dabei die Dol­ larbestände der internationalen Noten­ banken jederzeit zu einem fixen Wech­ selkurs von 35 Dollar pro Unze einzutau­ schen und damit globalen Warenhandel mit Dollar anstelle von Gold zu ermög­ lichen. Theoretisch wäre dieses Expe­ riment einer Universalierung des Gold­ standards gleichgekommen, praktisch credit: slavun/stock.adobe.com Brennpunkt | Gold und Zentralbanken 12 | GELD-MAGAZIN – April 2019 Lange Zeit wurde Gold als Relikt im modernen Währungssystem keine Beachtung mehr geschenkt. Mit über- bordenden Schulden, Handelskrieg und schwächelndem Dollar erlebt das älteste Wertaufbewahrungsmittel der Menschheit eine Renaissance. Stehen wir vor einer Neuauflage des Goldstandards? Moritz Schuh In Gold we Trust Schulden sind weltweit dramatisch gestiegen Seit 1950 wuchs der öffentliche und private Schuldenberg auf rund 230 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung an. Eine „normale“ Tilgung ist praktisch unmöglich. Globale Schulden imVerhältnis zum globalen BIP Quelle: IMF 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2015 220 200 160 140 120 100 80 180 Industriestaaten Rest derWelt Globale Schulden

RkJQdWJsaXNoZXIy MzgxOTU=