GELD-Magazin, März 2019
D ie in Fachkreisen bekannte Me- tastudie von Gunnar Friede, Alexander Bassen und Timo Bush, mit dem Titel „ESG and financial performance: aggregated evidence from more than 2000 empirical studies“, kommt zu dem Ergebnis, dass die Einbe- ziehung von ESG-Aspekten in der Selek- tion von Geldanlagen in rund 90 Prozent aller Studien keine negativen Wirkungen auf die finanzielle Performance von Un- ternehmen führt. Mit 65,4 Prozent mit Abstand am höchsten sind positive Nach- haltigkeitseffekte in den Schwellenlän- dern, während sie in den entwickelten Ländern Europas und Asiens (plus Aus- tralien und Neuseeland) mit je 26,1 bzw. 33,3 Prozent der Studien am schwächs ten sind. In Nordamerika bescheinigten 42,7 Prozent der Studien positive Wir- kung auf Unternehmensfinanzen. Performance durch Kontrast zwischen Licht und Schatten Eine Erklärung dafür liefert Dinah A. Koehler, Executive Director, Sustainable Investment Research bei UBS Asset Ma- nagement in Chicago: „Viele Studien ha- ben gezeigt, dass sich ESG-Transparenz lohnt, besonders wenn der Markt nach- lässt oder die Konkurrenz einen nega- tiven ESG-Vorfall hat. Der Aktienpreis einer ESG-transparenteren Firma fällt nicht so stark und ist generell weniger volatil.“ Eine andere Methode, um in Schwellenländern positiv aufzufallen, ist die Zertifizierung nach ISO 9001 (Quality Management) oder ISO 14001 (Environ- mental Management Standard). „Um die höheren politischen und sozialen Risiken in Schwellenländern zu verringern, nei- gen Firmen dazu, Zertifikate zu erlangen, auch um eventuelle negative Börsenstim- mungen zu vermeiden“, erklärt Koehler. Charakteristisch für viele Schwellen- länder sind Betrügereien, Korruption, Vetternwirtschaft, Umweltverschmut- zung und Ausbeutung von Arbeitskräf- ten. Damit lässt sich ein größerer Kon- trast zwischen ESG-korrekten und ESG- inkorrekten Firmen erzeugen. In diese Kerbe schlägt auch Thomas Schaffner, Portfoliomanager, Vontobel Asset Mana gement: „Generell gilt, dass ESG-Investi tionen dort am effektivsten sind, wo es die größten Unterschiede bezüglich der ESG-Performance gibt und wo das übergeordnete institutionelle, regulato- rische und wirtschaftliche Umfeld am schwächsten ist.“ Seine Erkenntnis: „Wie zu erwarten ist, ist der Unterschied zwi- schen den nachhaltigen und nicht nach- haltig bewerteten Indexmitgliedern in Schwellenländern viel größer als in den entwickelten Märkten. Für uns zeigt dies, dass Kunden von der Reduzierung von ESG-Risiken bei ihren Schwellenlän- deranlagen profitieren können, denn der Einbezug von ESG-Kriterien im Anlage- prozess kann Tail-Risiken und Volatilität begrenzen.“ Auf den Punkt bringt es Wim Van Hyfte, Global Head of Responsible Investments and Research bei Candriam: „Emerging Market-Firmen, die bei Um- welt, Sozialem und Governance punkten, zeigen einen Level an Commitment, der für die langfristige Wertschaffung erfor- derlich ist.“ ESG-Kriterien und -Daten für Emerging Markets ISS-oekom, eine der weltweit füh- renden ESG Research- und Ratingagen- turen, wendet bei der Einstufung von Staaten und Unternehmen aus Schwel- lenländern genau die gleichen Kriterien an wie auch in den entwickelten Län- dern. Dazu Dieter Niewierra, Vice Presi- dent Communications ISS ESG: „Nach- haltigkeitswerte und -normen besitzen globale Gültigkeit, daher machen wir bei der Bewertung keine regionalen Un- terschiede.“ Wichtige Punkte sind auf Staatsebene Schutz der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Korruption, Ener- giemix und Klimapolitik/-performance. „Mangels entsprechender Kapazitäten weisen Emerging Markets jedoch oft we- niger belastbare Datenpunkte auf. Oft fehlt es in diesen Staaten an professio- nellen, konsistenten und vergleichbaren Datenquellen, wie es sie etwa in EU- oder OECD- Staaten gibt. Bei Fehlen von Da- tenpunkten wird bei Emerging Markets eine Materialitätsabwägung getroffen, bei der die engeren Kapazitätsgrenzen dieser Staaten als Faktor hinzugezogen wer- den“, erklärt Niewierra und präzisiert: „Die Materialitätsabwägung betrach- tet die Themen/Indikatoren, die je nach Branche oder Land am wesentlichsten credit: eyetronic/stock.adobe.com MÄRKTE & FONDS | Nachhaltigkeit in Emerging Markets 34 | GELD-MAGAZIN – märz 2019 Schwellenländerfonds , die soziale, ökologische und Governance-Kriterien berücksichtigen, sind oft deutlich erfolgreicher als der Durchschnitt. Das GELD-Magazin sprach mit international renommierten ESG-Experten, warum nachhaltige Faktoren gerade in ineffizienten Märkten zu einer deutlichen Outperformance führen. Michael Kordovsky Mehrwert in Schwellenländern „ Nachhaltigkeitswerte und -normen besitzen prinzipiell globale Gültigkeit. “ Dieter Niewierra, ISS-oekom
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