GELD-Magazin, März 2019

matik gesprochen. Sie meint: „In der Tat gehört Österreich zu jener kleinen Grup­ pe von Ländern, die von der sogenann­ ten Staatsschuldenkrise profitiert ha­ ben. Österreich finanziert und refinan­ ziert sich historisch günstig, obwohl die Schuldenquote gestiegen ist. Man muss es so sehen: Ohne die vorteilhafte Finan­ zierungsmöglichkeit wären die Schulden noch höher ausgefallen.“ Gut positioniert Wie sieht nun die Zukunft aus, nach­ dem die Zinsen auf lange Sicht wieder steigen werden? Schratzenstaller: „Die Republik würde eine Zinserhöhung erst zeitlich verzögert spüren, weil rund 95 Prozent des Bundesanleihenportfolios fest verzinst sind und hier Zinserhö­ hungen also keine Rolle spielen. Bei der Refinanzierung, also wenn alte Anleihen abreifen und neue aufgenommen werden, wird erst ab einen Zinsniveau von über etwa vier Prozent eine Belastung spür­ bar. Wir werden also kurzfristig nicht viel von Zinserhöhungen merken.“ Wobei die gute Nachricht lautet: Ab 2019 sollen gar keine neuen Kredite aufgenommen wer­ den, weil ein ausgeglichener Staatshaus­ halt erreicht und sogar Überschüsse er­ wartet werden (Bundesanleihen werden weiterhin vergeben, um den bestehenden Schuldendienst zu bedienen). „Eine Neu­ verschuldung soll es nicht geben, was ei­ nen Puffer schafft, der Rückenwind für die geplante Steuerreform geben kann. Allerdings glaube ich nicht, dass dieser Puffer ausreichen wird, um das Volumen der Reform zu schultern. Deshalb muss ausgabenseitig etwas unternommen wer­ den. Potenzial ist in Form von Effizienz­ steigerungen im Bereich der öffentlichen Hand vorhanden. Denken Sie etwa nur an den Gesundheits- und Spitalsbereich, den in Österreich sehr ineffizient gestal­ teten Föderalismus und diverse Förde­ rungen“, so Schratzenstaller. „Nicht glücklich“ Auch Sustala wirft einen Blick auf die Steuerreform: „2018 hat die Abgaben­ quote in Österreich 42,4 Prozent betra­ gen, sie ist somit zwar niedriger als etwa noch 2015, aber höher als vor dem Aus­ bruch der Finanzkrise. Prinzipiell stimmt also die Stoßrichtung der Steuerreform, nämlich in einem Hochsteuerland die Belastungen zu reduzieren. Was bisher von der Regierung dazu ventiliert worden ist, macht den Steuerzahler aber nicht sonderlich glücklich, denn die wirklich strukturellen Überlegungen fehlen.“ Au­ ßerdem meint der Experte, man müsse einmal überlegen, ob es tatsächlich so wichtig und richtig sei, vor allem die Ent­ lastung von Niedrigverdienern zu forcie­ ren: „Damit besteht die Gefahr, dass der Anreiz für Teilzeitarbeit, deren Quote in Österreich bereits sehr hoch liegt, noch weiter verstärkt wird. “ Zudem fügt er an, dass die Entlastungen von rund 3,5 Mil­ liarden Euro, die immer wieder genannt werden, nicht ausreichen würden, die kalte Progression auszugleichen: „Ich wünsche mir, dass die Regierung skiz­ ziert, wo das Ausgabenwachstum gedros­ selt werden soll. Denn die Ausgaben von heute sind die Steuern von morgen.“ märz 2019 – GELD-MAGAZIN | 17 Budget- und Steuerpolitik | wirtschaft „Ich wünsche mir, dass die Regierung skizziert, wie in Österreich das Ausgabenwachstum nachhaltig gebremst werden soll.“ Lukas Sustala, Agenda Austria „Ohne die besonders vorteilhaften Finanzierungsmöglichkeiten wären die Schulden der Republik noch höher ausgefallen.“ Margit Schratzenstaller, Wifo 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Vor zehn Jahren musste die Republik noch über vier Prozent Zinsen für ihre Schulden zahlen, zuletzt waren es nur mehr 2,23 Prozent für die gesamte Schuldenlast. Der Zinssatz der Neuverschuldung 2018 betrug sogar nur 0,23 Prozent. Österreich: Günstige Finanzierung Verzinsung der gesamten Finanzschulden 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 4,04% 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2,23% 9,8 Jahre 0,49% 0,30% 0,43% 0,23% 0,91% 1,53% 2,17% 2,90% 2,88% 3,33% Durchschnittliche Laufzeit des Schulden-Portfolios Verzinsung im jeweiligen Jahr Prozent Jahre Quelle:OeBFA

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