GELD-Magazin, März 2019

das Treiben und wird dadurch mit fri- schem Gold versorgt. Etwa 17 Tonnen soll sie auf diesem Weg seit 2016 erstan- den und an seine verbleibenden interna- tionalen Allianzen weiterverkauft haben. Neben China, Russland und den Verei- nigten Arabischen Emiraten hat sich die Türkei zu einem der wichtigsten Partner beim Ausverkauf des venezolanischen Goldes entwickelt. Allein Edelmetall im Wert von 900 Millionen Dollar soll im letzten Jahr – teilweise im Gegenzug für Konsumprodukte – in die Türkei geflos- sen sein. Arme Millionäre Eine Mischung aus sinkenden Ölprei- sen, wachsenden US-Sanktionen und ei- ner fatalen Geldpolitik trieb die Landes- währung Bolivar in die Hyperinflation und den „Sozialismus des 21. Jahrhun- derts“ an den Abgrund. Laut IWF soll die Inflationsrate im Jahr 2018 unglaubliche 1,37 Millionen Prozent betragen haben. Diese brachte die Venezolaner nicht nur um ihr Erspartes und machte einen normalen Geldhandel unmöglich, son- dern führte auch zur massiven Unter- versorgung mit alltäglichen Gütern. Die 2003 eingeführten fixen Wechselkurse in Verbindung mit der anhaltenden In- flation bewirkten, dass sich mit dem An- wachsen der lokalen Geldmenge auch die nominellen Preise auf alles, bis auf De- visen, stetig erhöhten. Der Kauf auslän- discher Währung entwickelte sich mit je- dem Tag, der verging, zu einem besseren Geschäft und hatte zwei fatale Konse- quenzen: Zuerst verlor die lokale Produk- tion gegenüber günstigen Importen wei- ter an Wettbewerbsfähigkeit und wurde aus dem Markt verdrängt. Anschließend kam es aufgrund der wachsenden Dollar- nachfrage zum Devisenmangel und da- mit zum zusätzlichen Rückgang der Im- porte. Die Schwarzmarktpreise für aus- ländische Währungen entkoppelten sich von den offiziellen Wechselkursen und stiegen dramatisch an. Für einen Groß- teil der verbliebenen lokalen Produktion bedeutete dies zusätzliche Probleme. Da die Preise bestimmter Güter staatlich fi- xiert waren, die für die Warenproduktion notwendigen Rohstoffe jedoch in Dollar gezahlt werden mussten, stiegen die Pro- duktionskosten gegenüber den Verkaufs- wert und bewirkten eine zusätzliche Ver- schärfung der Güterknappheit. Ein Land – zwei Präsidenten Mit der wirtschaftlichen Misere und der grassierenden Armut wuchsen auch die sozialen Spannungen. Die Lage in Ve- nezuela spitzt sich langsam zu einer hu- manitären Krise zu. Unterernährung, Kindersterblichkeit und ein Flüchtlings- strom, der im kommenden Jahr die Zah- len des Bürgerkriegslandes Syrien errei- chen könnte, treibt einen immer tieferen Keil in die venezolanische Gesellschaft. Auf der einen Seite steht Maduro mit seinen Anhängern, die am Erbe Chavez festhalten wollen und die Wurzel des Pro- blems in den imperialistischen Kräften der USA und seinen Verbündeten sehen. Auf der anderen Seite fordert die von den USA gestützte Opposition um den selbst- ernannten Interimspräsidenten Juan Guaidó Neuwahlen und verzeichnet da- mit wachsenden Zulauf aus der Bevöl- kerung. Guaidó, der bereits von vielen westlichen Ländern als offizieller Staats- führer anerkannt wird, erhöht mit Hilfe seiner ausländischen Rückendeckung in den letzten Wochen stetig Druck auf die Regierung in Caracas. Erst Ende Fe- bruar forderte ein von Guaidó initiierter Versuch, US-finanzierte Hilfslieferungen über die Grenzen zu Kolumbien und Bra- silien ins Landesinnere zu bringen, meh- rere Verletzte und Todesopfer. Die ge- waltsame Blockade durch Maduro-treue Streitkräfte wurde von vielen als direkter Angriff auf die hungernde venezolanische Bevölkerung gewertet. Andere Beobach- ter orten dabei jedoch eine gezielte Pro- vokation, bei der mit Hilfe eines troja- nischen Pferdes in Form humanitärer Güter eine militärische Intervention der USA gerechtfertigt werden soll. Es dürfte wohl nicht das letzte Aufeinanderprallen der beiden Lager gewesen sein. Brennpunkt | Venezuela-Krise 12 | GELD-MAGAZIN – märz 2019 credit: sunsinger/stock.adobe.com Die Bonität Venezuelas könnte schlagartig steigen Der venezolanische Anleihenmarkt rückt wieder ins Rampenlicht.Mit der geschlossenen Opposi- tion um Juan Guaidós und einer neuen Welle von US-Sanktionen gegen die staatliche Ölgesell- schaft PDVSA und andere Ebenen der Regierung, steigt die Hoffnung der Anleger, dass ein Regime- wechsel eine realistische Chance haben könnte. Die aktuellen Handelsbeschränkungen hungert die Regierung Maduro finanziell aus und soll einen Rücktritt erzwingen. Wäre dies der Fall, könnte eine glaubwürdige Reform des venezolanischen Ölsektors – mit einer breiteren Beteiligung ausländischer Privatinvestoren in Verbindung mit einem überzeugenden Plan zur Schuldenrestrukturierung – die Wirtschaftsaussichten Venezuelas völlig verändern. Derzeit befindet sich der Markt indes noch im Zwiespalt zwischen den sehr interessanten Er- tragspotenzialen venezolanischer Anleihen im Falle eines glaubwürdigen Regimewechsels und der Unsicherheit durch die US-Sanktionen und ihre mögliche Auslegung. Es ist derzeit auch nicht vorherzusehen, wann ein möglicher Regimewechsel eintreten wird.Anleger brauchen eine stabile Regierung und einen klaren Plan zur Wiederherstellung der wirtschaftlichen Stabilität, um opti­ mistisch zu bleiben. Geldentwertung: Ein US-Dollar kostet aktuell rund drei Millionen Bolivar (25.02.2019).

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