GELD-Magazin, Februar 2019
N icht nur in Europa geht ein Ge- spenst um: Eine Studie der Uni- versität Oxford spricht von einem „Digitalisierungspotenzial“ bei über 50 Prozent der heutigen Arbeits- plätze bis 2030, weltweit über alle Bran- chen und Industriezweige hinweg. Inwie- fern ist die heimische Wirtschaft von die- ser neuen technologischen Revolution betroffen? PwC ist in der groß angelegten Studie „Industrie 4.0 – Österreichs In- dustrie im Wandel“ dieser Frage nachge- gangen. Die Analyse stammt bereits aus dem Jahr 2015. Thomas Riegler, Digital und Innovations Leader bei PwC Öster- reich, erklärt, dass die Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Studie allerdings „aktueller denn je“ sein würden. Fazit: Digitalisierung hat die Alpenrepublik er- reicht, mit leichten Abstrichen. Riegler: „Was die Investitionen betrifft, hinkt die Realität den Prognosen etwas hinterher. Die im Rahmen der Analyse befragten 100 Unternehmen gaben damals an, in den nächsten fünf Jahren durchschnitt- lich 3,8 Prozent ihres Jahresumsatzes in Industrie 4.0-Lösungen investieren zu wollen. Bezogen auf die österreichische Industrielandschaft entspricht dies einer jährlichen Investitionssumme von mehr als vier Milliarden Euro. Inzwischen ha- ben wir gesehen, dass die Investitionen etwas zögerlicher erfolgen, diese Zurück- haltung gilt generell für die Adaption neuer Technologien hierzulande.“ Wa- rum ist das so? Dazu meint der Experte: „In Europa und in Österreich sowieso ist man veränderungsresistenter als zum Beispiel in Asien. Es besteht die Angst, dass die Technik den Menschen ablösen würde. Dem gilt es, entgegenzuwirken: Die Menschen müssen Technologie sozu- sagen im eigenen Experiment erleben und begreifen. In den USA tut man sich mit einer solchen trial-and-error-Metho- dik viel leichter als in Österreich. Gerade bei uns ist eine gewisse Sturheit und die Tendenz, sich auf den eigenen Lorbeeren auszuruhen, stark verwurzelt.“ Zu wenig Innovation Schlechtreden will Riegler die hei- mische Positionierung allerdings kei- nesfalls: „Es gibt kaum ein Unterneh- men, das sich nicht mit Digitalisierung, Künstlicher Intelligenz, Algorithmen, Automatisierung etc. beschäftigt. Aller- dings werden diese Technologien haupt- sächlich dafür verwendet, um bestehen- de Prozesse zu verbessern. Was fehlt, ist das Nützen der neuen Möglichkeiten, um auch innovative und kundenorientierte Geschäftsmodelle zu schaffen. In dieser Beziehung sind wir derzeit schwach. Es gilt das Motto: ,Ja nicht zu viel riskie- ren.‘ Fassen wir zusammen: Österreich ist bei der Digitalisierung nicht schlecht, wir hinken aber etwas hinterher und creditS: beigestellt wirtschaft | Digitalisierung 18 | GELD-MAGAZIN – februar 2019 Die Industrie 4.0 ist noch nicht ganz in Österreich angekommen. Damit wir Automatisierung, Digitalisierung & Co. sinnvoll nützen können, darf vor allem an der Bildung nicht gespart werden. Auch an „Know-how-Import“ wird die Alpenrepublik nicht vorbeikommen. Die Gefahr, dass Arbeitsplätze durch neue Technologien massen- haft wegfallen, ist ernst zu nehmen, Panik allerdings ist fehl am Platz. Harald Kolerus Chancen und Gefahren „Es besteht die Angst, dass neue Technologien den Menschen ablö- sen werden. Dem ist mit Qualifika- tion und Bildung entgegenzuwirken“ Thomas Riegler, PwC Vorteile von Industrie 4.0 — Anwendungen für unternehmen Heimische Industrieunternehmen sehen vor allem die Optimierung von Produktions- und Logistikprozessen als Vorteil von Industrie 4.0 an. bessere Planung und Steuerung in der Produktion bzw.Logistik höhere Kundenzufriedenheit größere Flexibilität in der Produktion Verbesserung der Qualität schnellere Time-to- Market in der Produktentwicklung Individualisierung der Produkte hoch (5;4) 46% 17% 34% 3% 43% 34% 22% 1% 14% 37% 47% 2% 60% 13% 1% 26% 65% 1% 9% 25% 73% 8% 1% 18% mittel (3) gering (2;1) keineAngabe Quelle:pwc
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