Europas Unternehmen brauchen dringend Kapital
„Ein Lockdown ist eine probate Methode, um eine Pandemie zu stoppen. Für den kommenden Wirtschaftsaufschwung nach der Krise brauchen wir aber einen weitsichtigeren Plan in Europa“, sagt Bernd Spalt, CEO der Erste Group, im Rahmen der Präsentation der Quartalsergebnisse.
Für das laufende Jahr geht die Bank in ihrer Prognose davon aus, dass die Wirtschaft zwischen einem Prozent in Serbien und neun Prozent in Kroatien schrumpfen wird. 2021 erwartet die Bank hingegen bereits eine deutliche, wenn auch nicht lineare Erholung der Märkte in der Größenordnung zwischen vier Prozent (Rumänien und Tschechische Republik) und sechs Prozent in der Slowakei. Ausgehend von der traditionell schwachen Eigenkapitalausstattung von Unternehmen in Österreich, aber auch im CEE-Raum fordert der Bankenchef die Regierungen der Region auf, rechtzeitig auch an Anreizsysteme für die Kapitalisierung von grundsätzlich soliden Unternehmen zu denken: „Rechnen Sie mit dem Wirtschaftsaufschwung, er kommt bestimmt“, bringt es Bernd Spalt auf den Punkt.
Quelle. OECD Economic Survey 2019, http://www.oecd.org/economy/austria-economic-snapshot/
Eine Studie der OECD bestätigt die strukturelle Schwäche österreichischer Unternehmen. „Das Unternehmenssteuersystem ist in Österreich auf Fremdfinanzierung ausgerichtet, und österreichische Firmen haben eine der höchsten durchschnittlichen Verschuldungsquoten unter den OECD-Ländern.
Die Kreditmärkte sind gut entwickelt, und die Banken tragen mit ihren engen Beziehungen zu den Unternehmen zum Erfolg des Unternehmenssektors bei, aber die Aktienmärkte hinken hinterher. Die geplante Steuerreform könnte die bestehenden Verzerrungen gegenüber der Fremdfinanzierung verringern“, so die Studienautoren. Und weiter „Private Kapitalquellen sollten die bereits umfangreichen öffentlichen Finanzierungsquellen für innovative Neugründungen ergänzen. Private Risiko- und Wachstumsinvestoren können eine wichtigere Rolle bei der Entwicklung von Unternehmen mit hohem Potenzial spielen“.
Für den kommenden Wirtschaftsaufschwung wird es notwendig sein, die Unternehmen mit mehr Eigenkapital auszustatten. Erschwerend kommt hinzu, dass das Auslaufen der Staatshilfen vor allem eigenkapitalschwache Unternehmen vor Herausforderungen stellen wird.
Die Erste Group sieht verschiedene Möglichkeiten, die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen zu verbessern: Die Bildung von neuen Rechtsformen für außerbörsliches Kapital, Wagniskapitalfonds, steuerliche Erleichterungen für Eigenkapital oder eine Erleichterung des Zugangs für Privatanleger, ähnlich wie das in Österreich bei Immobilienfonds schon möglich ist. Im Frühjahr 2021 will die Erste Bank einen Fonds für Klein- und Mittelbetriebe präsentieren, der das Ziel hat, Unternehmen mit Kapital auszustatten.
Kredithahn offen
Im Corona-Krisenjahr 2020 hat die Erste Group als einer der größten Kreditgeber des Landes übrigens über vier Milliarden Euro an Krediten vergeben, allen voran an österreichische Unternehmen und natürlich auch mitgetragen von staatlichen Garantien. Im Firmenkundenbereich will die Bank klar weiter wachsen. Das gesamte Kundenkreditportfolio ist im Jahresverlauf um 2,6% auf auf knapp 165 Mrd. Euro gewachsen.
Erste Group/sj