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13. April 2023

Euro-Raum: Wirtschaft deutlich schwächer

Die Wirtschaft im Euro-Raum dürfte sich deutlich abschwächen, da sich die bisher erwartete leichte Rezession in den USA als tiefer erweisen und bereits im zweiten Quartal beginnen dürfte. Das schätzt Thomas Hempell, Head of Macro & Market Research bei Generali Investments.

Thomas Hempell, Head of Macro & Market Research bei Generali Investments
Thomas Hempell, Head of Macro & Market Research bei Generali Investments

„Die Wirtschaft des Euro-Raums ist sehr gut in das Jahr gestartet. Wichtige Stimmungsindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes deuten eindeutig auf eine Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit im ersten Quartal hin, nachdem sie im vorangegangenen Quartal stagniert hatte. Auf längere Sicht werden jedoch die verzögerten Auswirkungen der geldpolitischen Straffung ihre Spuren hinterlassen.“

Bankenkrise verunsichert

„Eine große Unsicherheit betrifft die Auswirkungen der jüngsten Bankenkrise. Wir glauben zwar nicht, dass eine Krise wie die der globalen Finanzkrise 2007 bis 2009 bevorsteht, doch werden die Banken letztlich ihre Kreditvergabestandards erheblich verschärfen müssen. Daher rechnen wir mit einer Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit im zweiten Halbjahr 2023, während die unterstützenden Faktoren den Euro-Raum wahrscheinlich vor einer Rezession bewahren. Alles in allem haben wir unsere Wachstumserwartungen etwas zurückgeschraubt, sehen aber immer noch ein Produktionswachstum von 0,7 Prozent im Jahr 2023 (Konsens.: 0,4 Prozent), was vor allem auf ein starkes erstes Quartal zurückzuführen ist.“

Gegenwind und Dominoeffekt

„Die westlichen Volkswirtschaften werden mit den Folgen der geldpolitischen Straffung noch zu kämpfen haben, da die US-Zinsen in nur einem Jahr um fast 500 Basispunkte und die EZB-Zinsen um 350 Basispunkte gestiegen sind. Die daraus resultierenden verzögerten Effekte werden bis zum zweiten Halbjahr 2023 für erheblichen Gegenwind sorgen. Die rasche Straffung hat auch die Risse im Finanzsystem offengelegt, als zwei mittelgroße Banken in den USA (Silicon Valley Bank und Signature) in Konkurs gingen.

Wie der Dominoeffekt in dem Zusammenbruch der Credit Suisse in Europa gezeigt hat, leidet der Bankensektor insgesamt unter der verschärften Marktkontrolle, den höheren Refinanzierungskosten und der Abwanderung von Einlagen, insbesondere bei schwächeren Instituten. Dies wird die Kreditvergabe der Banken in den kommenden Quartalen stark einschränken. Dies ergänzt die Inflationsbekämpfung der Zentralbanken und ist ein Ersatz für weitere Zinserhöhungen, die wir vor der jüngsten Krise in Aussicht gestellt hatten. Diese Form der Straffung ist jedoch viel riskanter und weniger vorhersehbar, da die Zentralbanken einen heiklen Balanceakt zwischen Inflationsbekämpfung und Wahrung der Finanzstabilität vollziehen müssen.“

Inflationsdruck lässt nach

Laut dem Experten mehren sich weiters die Anzeichen, dass der Druck aus der Inflationspipeline nachlässt und die Energieinflation desinflationär wird: „Wir halten es für wahrscheinlich, dass eine Verschärfung der Kreditvergabestandards an die Stelle von Zinserhöhungen treten wird. Nach einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte auf 3,0 Prozent (Einlagensatz) im März erwarten wir keine weiteren Erhöhungen. In Anbetracht der hohen Unsicherheiten sind die Risiken für eine weitere Straffung jedoch eher gering.“

Generali Investments/HK

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