Budget: „Österreich im Spagat“
Die Situation in Österreich ist nicht einfach: Einerseits muss das Budget konsolidiert werden, andererseits zeigt sich die Konjunktur schwach. Hier ist es wichtig, die Balance zu halten, sagt Margit Schratzenstaller vom WIFO.
Zumindest kurzfristig sollte neben Sparmaßnahmen auf der Ausgabenseite auch auf die Einnahmen geachtet werden, es komme auf die Ausgewogenheit des „Pakets“ an, meint die renommierte WIFO-Ökonomin Schratzenstaller. Die Erbschaftssteuer ist für sie kein Tabu.
Österreich kämpft mit einer Rezession, wie sinnvoll sind in dieser Situation Sparmaßnahmen?
Österreich muss einen Spagat bewältigen: Einerseits ist die Ausgangslage für eine Konsolidierung der öffentlichen Haushalte in dieser Situation schwierig, weil die Gefahr besteht, die schwächelnde Konjunktur weiter zu belasten. Umgekehrt sind Konsolidierungsmaßnahmen erforderlich, um die europäischen Fiskalregeln, die eine Rückführung der Staatsverschuldung vorgeben, einhalten zu können. Zudem könnte ein weiterer Anstieg der Schulden mit höheren Zinsen für die Staatsschuld einhergehen.
Besteht nicht die Gefahr, dass die ohnehin schwächelnde heimische Konjunktur durch einen zu rigiden Sparkurs abgewürgt wird?
Wenn das Budgetdefizit 2025 auf unter drei Prozent des BIP gesenkt wird, um ein Defizitverfahren zu vermeiden, würde das die schwache Konjunkturerholung bremsen. Statt eines mäßigen Wachstums könnte Österreich dann im dritten Jahr eine Rezession erfahren. Wie sehr die geplante Budgetkonsolidierung die Konjunktur belastet, hängt erstens von den konkreten Maßnahmen ab: Breite Kürzungen von Sozialleistungen oder die Erhöhung von Massensteuern, die wie etwa die Lohnsteuer, die Umsatzsteuer oder Sozialbeiträge untere und mittlere Einkommen relativ stark belasten, würden sich besonders negativ auf die Konjunktur auswirken. Zweitens sollten die Konsolidierungsmaßnahmen in ein Offensivpaket eingebettet werden, das Investitionen und Beschäftigung stärkt.
Wie sehen Ihre Vorschläge für eine ausgewogene Budgetkonsolidierung aus?
Kurzfristig sollte ein ausgewogenes ausgaben- und einnahmenseitiges Paket geschnürt werden. Um zu vermeiden, dass die zarte Konjunkturerholung durch umfangreiche Ausgabenkürzungen stark gedämpft wird, und um die Akzeptanz des Gesamtpakets zu erhöhen, sind ergänzende Steuererhöhungen angeraten. Sie sollten auch strukturell sinnvoll sein – beispielsweise Abbau klimaschädlicher Steuerausnahmen – und nur vorübergehend sein: Nach erfolgter Konsolidierung sollte die Abgabenquote wieder gesenkt werden, indem Abgaben auf Arbeit reduziert werden.
Vermögenssteuern sind politisch heiß umstritten – in welchem Ausmaß und welchen Bereichen wären sie in Österreich sinnvoll?
In Österreich sollte erstens die Grundsteuer gestärkt werden. Da die Einheitswerte, auf deren Basis die Steuer berechnet wird, seit Jahrzehnten nicht mehr angepasst worden sind, wird die Kluft zwischen tatsächlichen und Einheitswerten laufend größer. Würde die Grundsteuer erhöht, würde dies die finanzielle Autonomie der Gemeinden stärken. Je nach Ausgestaltung einer Grundsteuerreform könnte eine höhere Grundsteuer auch zu einer Eindämmung des hohen Bodenverbrauchs beitragen. Zweitens könnte im Rahmen einer Gesamtabgabenreform die Erbschaftssteuer wieder eingeführt werden, die in der Mehrheit der EU-Länder erhoben wird. Vermögensbezogene Steuern sollten aber aufkommensneutral erhöht wer-den, mit den zusätzlichen Einnahmen sollten also die hohen Abgaben auf Arbeit gesenkt werden.