13. Februar 2025

Autobauer: Harte Konkurrenz

Junge chinesische Automobilmarken erhöhen zunehmend den Wettbewerbsdruck auf europäische Hersteller. Eine Studie von Bain & Company zeigt Wege auf, wie etablierte Autobauer mit der Konkurrenz mithalten können.

Die durchschnittlichen Entwicklungskosten pro Fahrzeug (Full Vehicle Equivalent, FVE) lagen der Studie zufolge bei einigen der führenden chinesischen Automobilhersteller im Zeitraum von 2020 bis 2024 bei nur 27 Prozent der Kosten der fünf größten deutschen Produzenten. Zudem geben letztere in Summe deutlich mehr aus. Ein zentraler Grund dafür ist die ausgeprägte Modellvielfalt. In den vergangenen zwei Jahrzehnten brachten europäische Autobauer wesentlich mehr verschiedene Fahrzeugmodelle auf den Markt als ihre asiatischen Wettbewerber.

Entwicklungszeiten verkürzen

Dr. Eric Zayer, Bain-Partner, Leiter der Praxisgruppe Automotive und Mobilität und Co-Autor der Studie

„Innovationen aus Forschung und Entwicklung bestimmen, wie attraktiv künftige Fahrzeuge sein werden. Gleichzeitig sind sie mit sehr hohen Investitionen verbunden“, erklärt Bain-Partner Eric Zayer, Leiter der Praxisgruppe Automotive und Mobilität und Co-Autor der Studie. „Daher wird es entscheidend sein, die Effizienz der F&E-Ausgaben zu steigern und sich auf die wesentlichen Punkte zu konzentrieren.“ Europäische Automobilhersteller benötigen derzeit durchschnittlich 48 bis 54 Monate für die Entwicklung neuer Modelle. Ihre aufstrebenden Wettbewerber hingegen kommen oft mit nur 24 bis 30 Monaten aus. „Um diesen Abstand zu verringern und einen Schritt vorauszubleiben, müssen etablierte Hersteller ihre Modell- und Variantenvielfalt reduzieren sowie die Produktentwicklungszeiten spürbar verkürzen“, so Zayer. „Dazu sind zentrale Prozesse stärker zu parallelisieren, KI-gestützte Tools zu nutzen und einzelne Entwicklungsschritte zu automatisieren.“

Möglichkeiten hierfür eröffnen sich bereits heute in Bereichen wie der Dokumentation von Softwarecode oder der Qualitätsprüfung von Konstruktionszeichnungen. Zudem helfen digitale Zwillinge und simulationsgestützte Testverfahren, den Bedarf an Tests mit physischen Prototypen zu reduzieren. Laut der Studie sollten etablierte Automobilhersteller gezielt in Innovationen und Fähigkeiten investieren, die ihnen bislang intern fehlen. Künftige Kernkompetenzen werden unter anderem Batterietechnologie, Energiemanagementsysteme, softwaregesteuerte Funktionen wie Fahrerassistenzsysteme (FAS), Datenmanagement und Infotainment sein. Vor diesem Hintergrund gilt es für die Hersteller, ihre Innovationsfelder neu zu definieren und Ressourcen gezielt auf diese zukunftsweisenden Bereiche auszurichten. Beschleunigte Entwicklungszyklen ermöglichen es zudem, neue Modelle schneller mit aktuellen, marktgerechten Funktionen auf die Straße zu bringen.

Gangwechsel gefragt

Daniel Suter, Bain-Partner und Co-Autor der Studie

Europäische Automobilhersteller betreiben ihre F&E-Abteilungen überwiegend in Hochlohnländern nahe ihrer Heimatmärkte. Chinesische Wettbewerber hingegen setzen verstärkt auf Entwicklungszentren in Mittel- und Niedriglohnländern. Dies verschafft ihnen nicht nur eine höhere Kosteneffizienz, sondern auch mehr Flexibilität im Wettbewerb. „Für europäische Hersteller bleibt es daher ein strategisch relevantes Thema, F&E-Kapazitäten zu verlagern“, betont Bain-Partner und Co-Autor Daniel Suter. „Neben der Optimierung der Kostenstruktur kann es auch sinnvoll sein, F&E gezielt in Schlüsselmärkten anzusiedeln.“

„Aufstrebende Wettbewerber aus Asien haben sich das Prinzip ‚Weniger ist mehr‘ zu eigen gemacht“, bilanziert Suter. „Die etablierten europäischen Automobilhersteller benötigen einen Gangwechsel. Noch verfügen sie über eine gute Ausgangsposition, um ihre F&E-Prozesse zu optimieren und die Zukunft der Branche auch künftig maßgeblich zu prägen.“

Bain & Company/HK

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