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26. September 2024

Aktien: Wohin steuert China?

Seit dem Höchststand im Jahr 2021 hat Chinas Aktienmarkt rund 6,8 Billionen US-Dollar an Wert verloren. Diese schwindelerregende Zahl spiegelt die tiefe Krise der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wider, denn die unmittelbare Zukunft ist von einigen negativen Faktoren geprägt.

Mag. Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse, c-Carolina-Frank
Mag. Alexander Eberan, Leiter Private Banking Wien, Steiermärkische Sparkasse

Die anhaltende Immobilienkrise, schwache wirtschaftliche Fundamentaldaten, eine überalterte Bevölkerung sowie geopolitische Spannungen lassen die frühere Dynamik vermissen und haben zu einem hohen Vertrauensverlust der Investoren geführt, schreiben die Experten des Steiermärkische Sparkasse Private Banking, Alexander Eberan und Karl Freidl.

Abwärtstrend hält an

„Die chinesischen Behörden versuchen seit Mitte 2023 mit Maßnahmen wie einer Senkung der Stempelsteuer, Beschränkungen bei Leerverkäufen und die Schaffung eines staatlichen Fonds zum Aufkauf von Aktien den sinkenden Aktienmarkt zu stützen. All dies führte nur kurzfristig zu leichten Kursgewinnen. Während die führenden Aktienindices in den USA, Europa und Japan in den letzten 5 Jahren Zuwächse zwischen 116 (Nasdaq) und 32 Prozent (Eurostoxx 50) verzeichneten, ist der chinesische Markt im selben Zeitraum um rund 40 Prozent gefallen. Der Kursverfall am chinesischen Aktienmarkt scheint kein Ende zu nehmen.“ 

Deflation, Immo-Krise und Schulden

Karl Freidl, Leiter Private Banking Graz, Steiermärkische Sparkasse

„Anders als die anderen großen Volkswirtschaften, die seit rund 2 Jahren mit hohen Teuerungsraten kämpfen, steht China vor dem Problem fallender Preise. Ein weiteres Problem ist die Verschuldung, insbesondere auf kommunaler Ebene. In den letzten Jahren haben lokale Verwaltungen in großem Umfang Kredite aufgenommen, um Infrastrukturprojekte und andere Investitionen zu finanzieren. Doch viele dieser Investitionen haben nur begrenzten wirtschaftlichen Nutzen gebracht. Die sinkenden Preise verschärfen dieses Problem, da die Verschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung weiter zunimmt.

Zusätzlich belastet die Immobilienkrise die gesamte Wirtschaft erheblich. Der Immobiliensektor trägt ungefähr ein Fünftel zur chinesischen Wirtschaftsleistung bei. Doch seit die Immobilienpreise und die Nachfrage zurückgegangen sind, fehlt den großen Immobilienentwicklern Evergrande, Country Garden & Co das Geld, um ihre Gläubiger zu bedienen oder bereits zugesagte Projekte fertig zu bauen. Damit wurde aber auch ein zentrales Problem virulent: Den Chinesen fehlen attraktive Anlageformen. Bis vor wenigen Jahren machten Immobilien mehr als 70% des privaten Vermögens aus. Der Aktienmarkt in China spielt traditionell eine untergeordnete Rolle. Mit dem Zusammenbruch des Immobiliensektors entfällt jedoch diese tragende Säule für den Vermögensaufbau. Die überalterte Bevölkerung und der deutliche Rückgang der Geburtenrate – Nachwehen der jahrzehntelangen Ein-Kind-Politik – führen zudem langfristig zu einer schrumpfenden Zahl an Arbeitskräften, die steigende Sozialausgaben für die ältere Bevölkerung schultern müssen.“

Handelskonflikte bleiben

„Geopolitisch befindet sich China in einem Handelskrieg mit den USA, der ebenfalls dem Vertrauen der Anleger:innen nicht zuträglich ist. Unabhängig davon, ob Kamala Harris oder Donald Trump die US-Wahl gewinnen wird, der Konflikt wird bleiben. Harris hat bereits angekündigt, Hightech-Exporte nach China weiter zu beschränken und die Zölle in Höhe von 100 % auf chinesische Elektroautos beizubehalten. Donald Trump plant zusätzlich sogar neue Strafzölle von bis zu 60 % auf alle importierten Waren aus China zu erheben. Auch die EU hat Anfang Juli vorläufige Strafzölle auf chinesische E-Autos angekündigt. Offiziell eingeführt werden sie jedoch erst später. Einer Kommissionsmitteilung im August zufolge könnten die Zusatzzölle spätestens Ende Oktober in Kraft treten und für fünf Jahre gelten.“

Pessimismus ist eingepreist

„Trotz aller Probleme ist und bleibt die Volksrepublik aber ein wichtiger Handelspartner des Westens. Chinas wirtschaftlicher Wandel in den vergangenen 40 Jahren hatte enorme Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Jetzt will das Land mit dem ehrgeizigen Wirtschaftsprogramm „Made in China 2025“ die globale Nummer Eins im Technologiesektor werden. Am Beispiel der Elektroautos wird deutlich, wie stark sich das Bild in den letzten zehn Jahren gewandelt hat. Von der billigen Werkbank der Welt ist China in vielen Zukunftstechnologien zu einem handfesten Konkurrenten oder gar Weltmarktführer geworden.

Auch die chinesischen Unternehmen bemühen sich, Vertrauen zurückzugewinnen. Immer mehr Firmen fokussieren auf die Steigerung ihrer Profitabilität. Seit geraumer Zeit kann man einen Anstieg der Dividendenausschüttungen sowie steigende Aktienrückkäufe beobachten. Alles Maßnahmen, die als Indiz für eine steigende Aktionärsfreundlichkeit angesehen werden können. Und nicht zuletzt preisen die aktuellen Aktienkurse ein äußerst pessimistisches Szenario ein. Positive Überraschungen sind somit nicht ausgeschlossen.“

Steiermärkische Sparkasse/HK

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