EZB: Zinsen sinken weiter
Die EZB senkt den Leitzins angesichts der Konjunkturflaute und nachlassender Inflationssorgen zu Beginn des Jahres weiter. Der EZB-Rat beschloss, den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz von 3,0 auf 2,75 Prozent zu drücken.
Es ist bereits die fünfte Zinssenkung, seit die EZB-Währungshüter im Juni die Zinswende eingeleitet haben. Und das dürfte längst nicht die letzte gewesen sein. Die Notenbanker haben ihr geldpolitisches Statement im Vergleich zur Sitzung im Dezember nicht wesentlich verändert, kommentiert Sandra Rhouma, European Economist – Fixed Income bei AllianceBernstein.
Vertrauen verbessert
Der EZB-Rat hatte am 30.1. seine Leitzinsen wie allgemein erwartet um 25 Basispunkte auf 2,75 %, 3,15 % und 2,9 % gesenkt. „Der Disinflationsprozess ist auf einem guten Weg“, lautet die bevorzugte Aussage des Rats. Obwohl die EZB weiterhin datenabhängig und nicht an einen bestimmten politischen Kurs gebunden ist, offenbart dieser Satz ihre Absicht, die restriktive Geldpolitik zu beenden. Dies wurde in ihrer Erklärung vom Dezember 2024 bestätigt und seitdem von verschiedenen EZB-Vertretern bekräftigt.
Rhouma: „Die EZB geht weiterhin von einer Erholung aus. Obwohl das reale BIP-Wachstum im letzten Quartal 2024 enttäuschend ausfiel, gibt es in der Tat positive Signale. Vorläufige Ergebnisse zeigten, dass die private Nachfrage zwar wahrscheinlich immer noch schwach ist, aber die Wirtschaft nicht mehr bremst. Einige Vertrauensindikatoren haben sich zu Beginn dieses Jahres leicht verbessert, während die Kreditvergabe an Haushalte und Unternehmen anzieht. Die Kreditvergabestandards sind nach wie vor streng, dürften aber mit fortschreitender Lockerung der Geldpolitik leichter werden. Darüber hinaus bleibt der Arbeitsmarkt mit einer historisch niedrigen Arbeitslosenquote für die Region unterstützend und die Realeinkommen dürften sich weiter verbessern.“
Damoklesschwert Zölle
„Um es klar zu sagen: Ich erwarte keinen signifikanten Wachstumsschub, sondern ein leicht besseres Aktivitätsniveau angesichts eines niedrigeren Inflationsumfelds und einer sich normalisierenden Geldpolitik. Angesichts der schwerwiegenden Abwärtsrisiken ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwer, etwas Ehrgeizigeres zu erwarten. Die innenpolitische Instabilität, insbesondere in Frankreich, könnte das Wachstum belasten, die Stimmung der Verbraucher ist weiterhin gedrückt und die Gefahr von Zöllen schwebt wie ein Damoklesschwert über der Region. Was die Inflation betrifft, besteht kein Zweifel mehr daran, dass das Ziel in diesem Jahr nachhaltig erreicht wird. Die meisten Messgrößen der zugrunde liegenden Inflation entsprechen derzeit dem Ziel. In der Erklärung wurde auch hervorgehoben, dass die Aussichten für das Lohnwachstum in diesem Jahr eine starke Abschwächung erwarten lassen. Die meisten Indikatoren deuten auf ein Lohnwachstum im Bereich von 3 % bis 3,5 % hin, etwa 100 Basispunkte niedriger als im Jahr 2024.“
Zinssenkungen: Langsam voran
„Unsere Basisannahme bleibt unverändert, ein Zinssatz von unter 2 Prozent bis Ende 2025. Aber das Endergebnis für 2025 wird auch davon abhängen, wo die Wirtschaft in diesem Jahr steht. Folglich werden Zinssenkungen unter 2 Prozent vorsichtiger vorgenommen, um das neutrale Niveau zu erreichen. Ich gehe davon aus, dass die Zinssenkungen in der zweiten Jahreshälfte langsamer erfolgen werden, mit einer zusätzlichen Senkung um 25 Basispunkte bis Ende 2025. Das Risiko niedrigerer Leitzinsen Ende 2025 bleibt hoch, solange der Gegenwind für das Wachstum stark bleibt.“
AllianceBernstein/HK