Zölle schaden der Wirtschaft
„Trumps Zölle schaden der Wirtschaft langfristig – trotz anhaltender Marktrallye“, warnt Steven Bell, Chefvolkswirt EMEA bei Columbia Threadneedle Investments. Protektionismus und Inflation könnten uns bevorstehen.
Der Erdrutschsieg Trumps ebnet den Weg für eine tiefgreifende Neuausrichtung der US-Politik. Das hat weitreichende Folgen. Steven Bell: „Während des Wahlkampfs versprach Trump, die Zölle auf chinesische Importe auf 60 Prozent zu erhöhen – damit wären sie mehr als doppelt so hoch wie zuvor. Auf importierte Fahrzeuge sowie chinesische Produkte, die über Drittländer wie Mexiko und Vietnam eingeführt werden, sollen Zölle von 100 Prozent erhoben werden. Hinzu kommen 10 bis 20 Prozent auf alle anderen Importe.“
Markt unterschätzt Auswirkungen
„Das stellt für den Markt eine immense Veränderung dar. Die vorherrschende Meinung auf den Märkten ist jedoch, dass es bei den Zöllen auf chinesische Produkte große Ausnahmen geben wird. Die Androhung von Pauschalzöllen diene vielmehr als Verhandlungsinstrument, um Zugeständnisse politischer und wirtschaftlicher Natur von anderen Ländern zu sichern.
Der Markt ist zu unbekümmert. Seit der globalen Finanzkrise entfernt sich die politische Leitmeinung immer weiter vom Freihandel: Auch Präsident Biden hat die meisten Zölle beibehalten, die Donald Trump während seiner ersten Amtszeit eingeführt hatte. Die Auswirkungen der Zölle auf einzelne Unternehmen und Sektoren werden erheblich sein, und die Abkehr vom Freihandel wird dem Wirtschaftswachstum schaden. Zwar scheinen die direkten Auswirkungen auf die US-Inflation begrenzt zu sein, doch es ist durchaus möglich, dass das Gros der Marktanalysten die Auswirkungen erneut unterschätzt.“
Deutlich höhere Inflation
„Es stimmt, dass die US-Wirtschaft relativ abgeschottet ist, und Dienstleistungen sowie auch viele Waren wären selbst bei weitreichenden Zöllen von den Regelungen ausgenommen. Die direkte Auswirkung von Pauschalzöllen in Höhe von 10 Prozent wäre zwar ein nur marginaler Anstieg der Verbraucherpreise – diese würden um weniger als ein Prozent steigen. Dennoch werden inländische Produzenten ihre Preise erhöhen, da die Konkurrenz aus dem Ausland abnimmt. Die starke Nachfrage der amerikanischen Bevölkerung wird wahrscheinlich durch weitere Steuersenkungen unterstützt, was die erhöhten Preise ausgleicht und sich auch in den Löhnen widerspiegeln wird.
Angesichts dieser Dynamik erwartet der Markt für die nächsten zwei Jahre eine deutlich höhere Inflation in den USA und hat diese bereits eingepreist. Obwohl die Fed dazu neigt, einmalige Preissteigerungen zu ignorieren, wird sie das Tempo der Zinssenkungen trotzdem verlangsamen. Das BIP der USA wird unter dem eingeschränkten Zugang zu billigen Importen leiden, aber gleichzeitig auch durch den geringeren Wettbewerb aus dem Ausland gestützt. Kurzfristig dürfte der Nettoeffekt gering sein, doch bei anhaltendem Protektionismus werden die Handelsverluste überhandnehmen.“
So steht es um die Börse
„Die Gewinnmargen von US-Unternehmen würden durch Zölle steigen, während geringere Unternehmenssteuern für einen weiteren Aufschwung sorgen. Firmen, die ihre Produkte in die USA exportieren, werden dagegen abgestraft. Auch wenn die Globalisierung ein negatives Image hat, hat sie dennoch das Einkommen der Verbraucher und die Rentabilität der Unternehmen erhöht – und die langfristigen Auswirkungen von Trumps Politik werden wahrscheinlich negativ sein.
Alles in allem ist es unwahrscheinlich, dass die Zölle die aktuelle Hausse beenden werden. Wir rechnen für die ersten sechs Monate jedoch mit einer Welle an politischen Veränderungen durch die neue Regierung, die durch ihren Wahlsieg gestärkt und vom Wunsch beflügelt ist, die Politik von Joe Biden rückgängig zu machen.“
Columbia Threadneedle/HK