ESG: Kritik an EU
ESG-Investments wachsen weiter, allerdings könnten die Rahmenbedingungen besser sein. Vor allem bei der EU-Offenlegungsverordnung müsste nachgezogen werden, fordern Experten, wie das Forum Nachhaltiger Geldanlage.
Der Stein des Anstoßes trägt das Kürzel SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation), was zu Deutsch einfach gesagt Offenlegungsverordnung bedeutet. Diese ist 2021 in Kraft getreten und hat es sich zum Ziel gesetzt, Kapitalflüsse in nachhaltige Anlagen bzw. Wirtschaftstätigkeiten zu lenken. Der Haken daran: Die Einordnung nach SFDR ist gar nicht dazu geeignet, um Auskunft über den Nachhaltigkeitsanspruch von Finanzprodukten zu geben!
Neue Bedingungen
Zu dieser Erkenntnis kommt das Forum Nachhaltige Geldanlage (FNG) in seinem diesjährigen Marktbericht. FNG-Geschäftsführerin Verena Menne erklärt dem GELD-Magazin die Hintergründe: „Als die Offenlegungsverordnung 2018 von der EU Kommission vorgeschlagen wurde, hatte ESG noch einen wesentlich geringeren Stellenwert in der Finanzbranche. Der EU Kommission ging es daher zunächst darum, Anbieter von Produkten mit Nachhaltigkeitsanspruch dazu zu verpflichten, offenzulegen was genau sie in diesem Bereich tun.“ Das Ziel der Offenlegungsverordnung war also gar nicht, einen Standard für Nachhaltige Geldanlagen festzusetzen.
Menne weiter: „Dass der Markt jetzt Artikel-8 und 9 als Produktkategorien verwendet, zeigt, dass Sustainable Finance im Mainstream angekommen ist und der Bedarf nach Standardisierung vorhanden ist. Die Finanzmarktteilnehmer benötigen klare Regeln, um Risiken im Zusammenhang mit möglichen Greenwashingvorwürfen minimieren zu können. Die Offenlegungsverordnung bleibt aber hinter diesem Anspruch zurück, da sie unter anderen Vorzeichen, nämlich als reines Transparenzinstrument, entwickelt wurde. Darüber hinaus ist es auch bei der bei der Fülle und Geschwindigkeit, mit der die Sustainable-Finance-Regulatorik entwickelt wurde, nicht verwunderlich, dass nicht alle Regularien perfekt sind.“
Notwendige Verbesserung
Die Expertin fordert daher eine Nachadjustierung: „Die Eckpunkte für eine erfolgreiche Anpassung der EU-Regulatorik, die wir in Zusammenarbeit mit ÖGUT (Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik) erarbeitet haben, zeigen die noch vorhandenen Schwachstellen auf. Eine umfassende Überarbeitung der SFDR wird notwendig sein, um die Anforderungen an die Praxis zu erfüllen. Die SFDR wird derzeit von der EU-Kommission überprüft. Es wird erwartet, dass danach eine Anpassung folgt. Es wird diskutiert, dass die Verordnung der Nutzung des Marktes angepasst wird und hier gegebenenfalls echte Produktkategorien mit definierten Standards eingeführt werden. Für die Entwicklung eines sozialen Pendants zur Taxonomie sieht es leider derzeit nicht sehr positiv aus – das FNG wird sich jedoch weiterhin dafür einsetzen.“
Gebremstes Wachstum
Hier gibt es also noch viel zu tun, und die Zukunft wird weisen, wie effektiv die EU agiert. Wie sieht es aber konkret mit der Entwicklung von ESG-Investments aus? Menne dazu: „In unserem untersuchten Ausschnitt des österreichischen nachhaltigen Finanzmarkts ist für 2023 ein Wachstum der Publikumsfonds, Mandate und Spezialfonds von 32 Prozent zu verzeichnen. Dies ist zwar ein stärkerer Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr, in dem wir ein Gesamtwachstum von sechs Prozent ermittelt haben, kann jedoch nicht an die positive Entwicklung aus dem Jahr 2021 mit einem Plus von 61 Prozent anknüpfen.“ Allerdings: Der Mega-Trend Nachhaltigkeit ist nicht zu stoppen. Siehe Klimawandel und nur als Beispiel die erdrückende Rekordhitze dieses Sommers.
Lesen Sie die ganze Story in der GELD-Magazin Ausgabe Nr. 4/2024.