US-Wahlen: Energie am Scheideweg
Die USA stehen vor einer der am härtesten umkämpften Präsidentschaftswahlen seit Jahren an einem Scheideweg. Dies zeigt sich vor allem im Bereich der Energieinfrastruktur, die nach historischen Investitionen unter der Regierung Biden im Zuge des Wahlkampfs in den Mittelpunkt gerückt ist.
Bidens Inflation Reduction Act aus dem Jahr 2022 (IRA) zielt darauf ab, die CO2-Emissionen bis 2030 durch Investitionen in die Energiesicherheit in Höhe von 370 Mrd. US-Dollar um rund 40 Prozent zu senken und den Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen. Das Klimagesetz ist insbesondere bei Anhängern der Republikaner umstritten. „Die Vorstellung, dass ein Wahlsieg von Donald Trump zu einer Aufhebung oder Änderung des Gesetzes führen könnte, sorgt bei Investoren für Verunsicherung“, so Igneo Infrastructure Partners. Wegen des langen Anlagehorizonts im Bereich Infrastruktur müssten sich Investoren sehr gründlich mit der Veränderung des regulatorischen Umfelds befassen.
Förderungen gefährdet
Der zur First Sentier Investors Gruppe gehörende und auf direkte Infrastrukturanlagen spezialisierte Anlagemanager Igneo, hat die von der Präsidentschaftswahl ausgehenden Risiken für die US-Energieinfrastruktur und deren Betreiber untersucht. „In einem Szenario, in dem Trump die Wahl gewinnt und der Kongress zudem von Republikanern dominiert wird, besteht vor allem das Risiko, dass bestehende steuerliche Anreize für das Aufladen von E-Fahrzeugen, die Nutzung von Solarenergie auf Dächern und die Energieeffizienz eingeschränkt werden.“ Allerdings dürfte es wahrscheinlich bis Ende 2026 dauern, bis eine Gesetzesänderung in Kraft träte. Im Bereich der Energieerzeugung dürften jedoch die unterschiedlichen Zuständigkeiten und Regelungsbereiche von IRA, die weitgehend auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten geregelte Energieübertragung und deren Anreizstrukturen dafür sorgen, dass ein Wechsel im Weißen Haus nicht zu allzu großen Veränderungen führt.
Wer von IRA profitiert
Die Experten von Igneo heben hervor, dass von den seit August 2022 förderberechtigten Projekten im Bereich sauberer Energieerzeugung 85% mit einem Volumen von rund 190 Mrd. US-Dollar aus republikanisch regierten Bundesstaaten oder Bezirken kamen. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dort, vor dem Hintergrund der positiven Effekte für Investitionen und den Arbeitsmarkt, für eine Abschaffung dieser Subventionen gestimmt wird“, so die Autoren. So hätten die republikanisch geführten Bundesstaaten Georgia, South Carolina und Ohio große Produktionsanlagen im Bereich der erneuerbaren Energien und der Halbleiterherstellung auf den Weg gebracht. Die Bundesstaaten im für die Erzeugung von Windenergie besonders prädestinierten „Wind-Korridor“ Iowa, South Dakota, Kansas, Oklahoma und North Dakota werden ebenfalls von der Republikanischen Partei regiert.
Angekündigte Clean-Economy-Projekte in den USA mit politischer Ausrichtung
Risikofaktor Lieferketten
Ein Risiko für die Entwickler von Wind- oder Solarparks besteht bezüglich der Versorgung mit PV-Anlagen und Solarmodulen – unabhängig davon, ob Harris oder Trump ins Weiße Haus einzieht. Sie leiden unter verschiedenen Straf- und Einfuhrzöllen auf Module chinesischer Herkunft, die seit 2018 Lieferschwierigkeiten hervorgerufen haben. Die Vorgaben des Inflation Reduction Act in Bezug auf den Anteil heimischer Produktkomponenten hatte zuletzt dazu geführt, dass Projektentwickler und Ausstatter vermehrt neue Produktionsanlagen in den USA aufgebaut haben. Auch wenn damit langfristig der Nachschub mit PV- und Windkraftanlagen gesichert ist, sollten sich Projektentwickler und Betreiber zumindest kurz- und mittelfristig noch auf Preisschwankungen und Lieferschwierigkeiten einstellen.
Das vollständige Igneo Whitepaper mit dem Titel „Potential Regulatory Risks and Opportunities for Energy Infrastructure Following the 2024 U.S. Federal Elections” finden Sie hier.
Igneo/HK