China in der Krise
Chinas Wirtschaft ist im Juli in eine Deflation gerutscht, Peking muss nun darauf reagieren. Das meint die Vanguard Investment Strategy Group und wirft auch einen Blick auf die wirtschaftliche Entwicklung in Europa und den USA.
Zur ökonomischen Krise in China meinen die Experten: „Die Verbraucherpreise fielen im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozent – vorausgegangen waren bereits mehrere Monate mit Preisrückgängen. Wir haben daher unsere Jahresprognose entsprechend angepasst und gehen nun von einer niedrigeren Gesamtinflation von 0,5 bis 1,5 Prozent aus, statt wie zuvor von einem bis 1,5 Prozent.“
Ernüchterung in China
„Die People’s Bank of China hat ihren Leitzins um 0,15 Prozentpunkte auf ein Rekordtief von 2,5 Prozent gesenkt. Wir rechnen mit einer weiteren Senkung des Leitzinses um 0,10 bis 0,20 Prozentpunkte. Wir sind der Ansicht, dass diese Zinssenkungen wegen der fallenden Preise und den negativen Wachstumsaussichten allein kaum eine signifikante Wirkung haben werden. Wir rechnen mit einem umfassenden Maßnahmenpaket, das sowohl fiskalische, geldpolitische als auch regulatorische Ansätze beinhalt.
Dies könnte eine beschleunigte Emission von Staatsanleihen, weitere Leitzinssenkungen, gelockerte Restriktionen zur Stimulierung der Immobiliennachfrage und regulatorische Erleichterungen für den Privatsektor umfassen. Da sich das Wachstum Chinas im zweiten Quartal stärker als erwartet verlangsamt hat, haben wir unsere Prognose für das BIP-Wachstum gesenkt. Wir gehen nun von einer Spanne zwischen 5,25 Prozent bis 5,75 Prozent aus, statt zuvor von einer Spanne von 5,5 bis sechs Prozent.“
USA: Prognose angehoben
„Angesichts der anhaltenden Stabilität des Arbeitsmarktes und der Gesamtwirtschaft in den USA haben wir unsere Prognosen für die wichtigsten Wirtschaftsindikatoren und den Leitzins angepasst. Nachdem Jerome Powell im Zuge der letzten Fed-Sitzung betont hat, dass die Geldpolitik der USA nicht lange genug restriktiv gewesen sei und er weiter Zinssenkungen in diesem Jahr als unwahrscheinlich einschätzt, gehen wir davon aus, dass das Ziel der Fed bei einem Leitzins von sechs bis 6,25 Prozent liegen könnte.
Wir erwarten für das Jahresende 2023 eine Gesamtinflation von 3,2 Prozent und eine Kerninflation von 3,6 Prozent. Erst 2024 werden die USA die volle Wirkung der Zinsstraffung zu spüren bekommen. Wir haben unsere Prognose für das BIP-Wachstum im Jahr 2023 auf 1,8 Prozent angehoben, da die Unternehmensinvestitionen, die Staatsausgaben und der Wohnungsbau anziehen.“
Euroraum entgeht Rezession
„Der Euroraum ist in diesem Jahr einer Rezession entgangen. Die revidierten BIP-Zahlen zeigen, dass das Wachstum im ersten Quartal nur stagnierte. Das Narrativ einer wirtschaftlichen Schwäche bleibt jedoch bestehen. In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Wirtschaft im Euroraum im dritten und vierten Quartal 2023 schrumpfen wird. Mit Zinssenkungen der EZB rechnen wir frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2024.“
Vanguard/HK